Bildverarbeitung

3D-Wärmebildsystem für ­Automobil-­Anwendungen

26.06.2020 -

Um Crashtests sinnvoll analysieren zu können, kommen seit Langem Hochgeschwindigkeitskameras zum Einsatz. Diese Aufnahmen sind ­jedoch stets zweidimensional. Das Fraunhofer IOF hat ein System für das dreidimensionale Erfassen der Szene entwickelt, das auf zwei ­hochauflösenden, schnellen Monochromkameras und einem Gobo-Projektor basiert. Kürzlich ergänzten die Forscher das System um eine Wärmebildkamera zu einem 3D-Wärmebildgebungssystem, das 1.000 3D-Bilder pro Sekunde aufnimmt.

Forscher vom Fraunhofer IOF in Jena haben ein Kamerasystem für das dreidimensionale Erfassen von Objekten mit zwei hochauflösenden, schnellen Monochromkameras und einem Gobo-Projektor entwickelt. Weil bei den typischen dynamischen Anwendungen wie Crashtests oder Airbag-Auslösungen außer schnellen räumlichen Prozessen auch Temperatur­änderungen eine Rolle spielen können, hat das Jenaer Forscherteam sein System kürzlich mit einer gekühlten Hochleistungs­wärmebildkamera von Flir im Rahmen eines gemeinsamen Messprojektes ergänzt – zu einem echten 3D-Wärmebildgebungssystem mit bis zu 1.000 Bildern pro Sekunde.

Beim Kamerasystem der Forscher vom Fraunhofer IOF liefert eine Flir X6900sc SLS Langwellen-Infrarotbilder (LWIR) mit 1.000 Hz. Die thermischen Daten werden mit den 3D-Daten von zwei Highspeed-Schwarz-Weiß- Kameras kombiniert. Für die dafür not­­wen­dige Projektion aperiodischer Streifenmuster verwenden die Forscher ihr eigenes Gobo-System (Goes Before Optics; ein System, um Schattenmuster zu projizieren).

Das 3D-Thermografie-System

Im Jahr 2016 begann das Team des IOF damit, ein Hochgeschwindigkeits-3D-Kamerasystem zu entwickeln, das aus zwei Highspeed-Schwarz-Weiß-Kameras in Stereoanordnung und einem selbst entwickelten Gobo-Projektor für die aktive Beleuchtung besteht. Nun haben die Forscher das System zusätzlich um eine Wärmebildkamera erweitert. Dafür verwenden sie eine LWIR-Thermografiekamera vom Typ Flir X6900sc SLS, die mit Bildraten von bis zu 1.000 Hz bei einer Auflösung von 640×512 Pixeln arbeitet.

Anwendungsbereiche und Zielsetzungen

Das Ziel des Systems besteht darin, hochdynamische räumliche 3D- und Wärmedaten zu kombinieren. Extrem schnelle Prozesse, wie ein Sportler in Bewegung, ein Crashtest oder das Auslösen eines Airbags, zeigen nämlich neben schnellen Veränderungen der Oberflächenform auch lokale Temperaturänderungen. Bisher war es nicht möglich, diese beiden Aspekte gleichzeitig zu erfassen. Mit dem Hochgeschwindigkeits-3D-Thermografie-Messsystem des Fraunhofer IOF ist dies nun gelungen.
Die 3D-Informationen werden von den Monochromkameras mithilfe der Streifenprojektionen des Gobo-Projektors erfasst. Die 2D-Infrarotdaten der LWIR-Kamera lassen sich mittels Kalibrierung der drei Kameras in einem weiteren Schritt mit den 3D-Daten zu einem 3D-Wärmebild fusionieren.

Funktionsweise des 3D-Wärmebildgebungssystems

Das System basiert auf zwei Monochrom­kameras, die im visuellen Spektralbereich (VIS) sensitiv sind sowie mit Bildraten von mehr als 12.000 Hz und einer Auflösung von 1 Megapixel arbeiten. Bei einer geringeren Auflösung sind noch höhere Bildwiederholraten möglich. Die beiden Kameras reichen allerdings noch nicht, um aussagefähige 3D-Daten in der gewünschten Qualität zu erhalten. Zusätzlich ist noch ein Beleuchtungssystem notwendig, das eine ultraschnelle Abfolge von Streifenmustern projiziert. Diese Muster ähneln herkömmlichen Sinusstreifen, deren Breite allerdings aperiodisch variiert.
Um diesen Effekt zu erreichen, wurde eine Glasscheibe mit metallischen Streifen aus Chrom bedampft. Diese Scheibe rotiert dann in einem Projektor vor der Optikeinheit und liefert so das Streifenmuster, das für das eindeutige Zuordnen der Pixel beider Kameras notwendig ist. Dieses Prinzip nennt man Gobo-Projektion.
Kombiniert man nun die rekonstruierten 3D-Daten mit den (eigentlich zweidimensionalen) Daten der Hochgeschwindigkeitswärmebildkamera, entstehen so – vereinfacht gesagt – dreidimensionale Hochgeschwindigkeits-Wärmebilder.
Die Infrarotkamera arbeitet im langwelligen Infrarotbereich und ist daher im sichtbaren und im nahen Infrarot-Wellenlängenbereich, in dem die Lampe des Gobo-Projektors Strahlung aussendet, nicht empfindlich. Da das Erwärmen des Objekts durch die projizierten aperiodischen Sinusmuster ebenfalls vernachlässigbar ist, hat der Gobo-Projektor keinen Einfluss auf die Wärmebildgebung.

Messung und Datenberechnung

Alle drei Kameras nehmen bei der Messung gleichzeitig Bilddaten auf. Die Daten der Schwarz-Weiß-Kameras ergeben mithilfe der aperiodischen Streifenprojektion das eigentliche 3D-Bild, für das meist Sequenzen von zehn Bildpaaren zu einem 3D-Bild verrechnet werden. Diese 3D-Rekonstruktion ergibt eine räumliche Form, über die nun die Wärmebild­daten der LWIR-Kamera gelegt werden, um in einem Mapping-Prozess den räumlichen Koor­dinaten Temperaturwerte zuordnen zu können.

Kalibrierung mittels Leiterplatte

Natürlich muss das System aus VIS- und LWIR-Kameras vor der Messung kalibriert werden. Dafür verwendet das Team vom IOF ein Kalibrierbrett mit einem regelmäßigen Raster offener und gefüllter Kreise. Damit diese Strukturen auch bei einer homogenen Temperaturverteilung im VIS und im LWIR zu erkennen sind, wurden für die Kreise und den Hintergrund Materialien mit unterschiedlichen Reflexions- (VIS) und Emissionsgraden (LWIR) gewählt. Die Jenaer Forscher nutzen dafür gedruckte Leiterplatten. Dabei entwickelten sie eine unübliche Leiterplatte, bestehend aus dem regelmäßigen Raster offener und gefüllter Kreise anstelle elektrischer Verbindungen zwischen elektrischen Bauteilen.

Messergebnisse: Airbag und Basketball

Das System wurde nun in verschiedenen Szenarien getestet. Dazu gehörte ein Basketballspieler, der einen Ball dribbelt, wobei sich nicht nur eine Verformung des Balls, sondern auch eine thermische Erwärmung ergibt.
Eine weitere Einsatzmöglichkeit ist die Messung der Temperaturentwicklung und die räumliche Darstellung beim Auslösen eines Airbags. Aus einer Entfernung von 3 m nahm das System den schnellen Vorgang für eine halbe Sekunde auf. Durch die Kombination der dreidimensionalen Daten mit den Wärmebildinformationen wurde nicht nur deutlich, wie heiß der Airbag durch die Auslösung wurde – sondern auch zu welchem Zeitpunkt an genau welchen räumlichen Koordinaten. Solche Informationen können dazu beitragen, Verletzungsgefahren für die Autofahrer im Zusammenhang mit dem Auslösen des Airbags zu verringern oder gar zu vermeiden.

Ausblick

Martin Landmann vom IOF-Forscherteam ist sich sicher: Die Anwendungsmöglichkeiten für eine Kombination aus hochauflösenden 3D-Daten und schnellen Thermografiebildern sind vielfältig. „Vorteilhafte Informationen können zum Beispiel bei der Beobachtung von Crashtests gewonnen werden, bei der Untersuchung von Deformations- und Reibungsprozessen oder bei extrem schnellen, thermisch relevanten Ereignissen wie Explosionen bei der Auslösung eines Airbags oder in einem Schaltschrank.“ Dazu werde das System konstant weiterentwickelt.

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