Automatisierung

Es muss matchen – auf beiden Seiten

26.04.2023 - Die gute Nachricht vorweg: Der Notenspiegel ist in vielen Positionen nach dem Studium sicherlich von ­Interesse für HR-Verantwortliche und Entscheider, doch sagt er zu wenig über die Soft Skills aus. Und die sind wesentlich, um berufliches Glück zu ­finden.

Quiet Quitting – Trend in den USA und auch bei uns. Die Arbeitgeber*innen machen zähneknirschend mit bei den zahlreichen Annehmlichkeiten des späteren beruflichen Alltags: dem Vertrauensarbeitsplatz in Form von Mobile Office, den Gesundheits- und Sportprogrammen, den Entertainment- und Fortbildungsrunden, der Work-Life-Balance, verkürzten Wochenarbeitszeiten, Sabbaticals, Auslandsaufenthalten und schlussendlich den sehr guten Entlohnungen und Nebenleistungen. Warum das alles? Ganz simpel. Der Talente-Wald brennt und das schon lange. Es gibt keine Fachkräftediskussion, Generation Z Bashing oder das Früher-war-alles-besser-Liedchen. Jetzt ist vieles halt anders. Die Zeitenwende ist hier schon seit Jahren im Gange. 

Es hat sich gedreht. Die künftige „Heimat der Talente“ muss sich bewerben, bewegen, sollte sich magnetisch machen und sexy werden – sie darf auch mal hip auf TikTok, Insta und Freunde locker und begehrlich, vermeintlich authentisch wirken – vergessen wird dabei: Die Unternehmen missachten hier die Markenführung, den Markenkern und gleichen sich im Einerlei an. Aber gut, die Not ist groß und eine aktuelle Blitzumfrage der Marconomy vom 21.09.22 titelt mit: „61 Prozent der B2B-Unternehmen haben keine Employer-Branding-Strategie.“

Noch interessanter ist die Zuständigkeit in den Unternehmen für Employer Branding: HR als Personalspezialisten, Marketing- und Kommunikationsspezialisten, da es ja um Medien und Kampagnen geht, oder der Vertrieb und F&E, die chronisch überlastet wirken. Welche Kostenstelle übernimmt und wer hat den Lead? Wichtig sind die Werte, der Corporate Purpose, der Sinn und Zweck im Job und in der Tätigkeit, die die Talente gegebenenfalls ein Leben lang ausüben, sowie authentische EVP (Employer Value Proposition) – für die Marketer: Die Alleinstellungsmerkmale, die USPs sind ähnlich der EVPs. Mit anderen Worten: Die Situation in den Unternehmen ist klar geworden. Die Denke ist tradiert und werteorientiert bei den Unternehmenslenkern, das muss sie auch, gerade bei inhabergeführten Familienbetrieben, die an die nächsten Generationen denken wollen und müssen. Dennoch – Unternehmen und Talente sollten Brücken bauen und sich, im besten Falle, in der Mitte treffen, um zu matchen. 

Kommen wir zur Wunschvorstellung der Unternehmer*innen und Recruiter*innen: 

Wäre es nicht wunderbar, wenn die neuen Positionsinhaber*innen möglicherweise Skills besitzen, die sie zum Generalisten machen, zum Feuerlöscher in verschiedenen Abteilungen, wenn Pandemie, Kündigungswellen, neue Großaufträge und Fachkräftemangel wieder erbarmungslos ihre Runde drehen? 

Worauf achten Recruiter*innen?

Ist der prospektive Stelleninhaber bereit, die Extrameile zu gehen, über sich hinauszuwachsen, wissbegierig, fleißig, loyal und mit einem Top-Ausbildungsfundament für mein Unternehmen zu agieren? Mitdenken, unternehmerisch und aufmerksam, sympathisch und zudem ein Teamplayer – das wäre toll und wird verklausuliert in den Stellengesuchen und Interviews formuliert. 

Macht der Job Spaß, kann er auch Hobby werden und der Erfolg ist zwangsläufig vorprogrammiert und die Empfehlung für höhere Weihen kann nur das Ergebnis der Bemühungen sein. Die Recruiter*innen achten vor allen Dingen auf den Menschen, den sie vor sich haben. Passt er, sie, es ins Team, in die zukünftige Zeitenwende und den Change-Management-Prozess sowie die digitale Transformation und das, was wir geplant haben? Kann er mir in die Augen schauen, ist er, sie, es interessiert und brennt für die Aufgabe? Ist das Privatleben ausgeglichen, eher Teamsportler*in oder Einzelkämpfer*in, bereit auch für eine Standortveränderung und kann man zusammen lachen und teilt die gleichen Werte, die das Unternehmen und seine Kunden teilen? Fragen über Fragen, die kognitiv im Rucksack der Recruiter*innen verpackt sind.

Zu viel verlangt?

Nein. Es muss passen: Für beide und dann passt es annähernd zu 100 Prozent. Unser Tipp: Verbiegt euch nicht, informiert euch über die Firma, gegebenenfalls die Vorgesetzten und mögliche Interviewpartner. Es gibt viele Server wie Kununu, LinkedIn, Xing, YT, Trend­ence und viele andere, wo ihr im Verborgenen erste Informationen einholen könnt. Schaut auf Bundesanzeiger.de oder northdata.de die Bilanzen der vergangenen Jahre an. Kapitalgesellschaften sind beim Bundesanzeiger ab einer gewissen Unternehmensgröße verpflichtet zu veröffentlichen und hier stehen die Wahrheiten auch über die Entwicklung, Unternehmenslage, Perspektiven und natürlich die harten Fakten im Soll und Haben. Nutzt die lieb gewonnenen Suchmaschinen, PR-Portale, Verbände (es gibt für fast jede Branche einen Bundes- oder Landesverband und eine Interessenvertretung in Deutschland) und bereitet euch auf einen Termin mit einem Factsheet perfekt vor. Macht einen Fragenkatalog und dreht das Bewerbungsgespräch, denn die entscheidende Frage kommt meist am Schluss des Interviews und genau dann schießt ihr die Tore:

Haben Sie noch Fragen? 

Ja, klar, habt ihr noch Fragen. Planung ersetzt den Zufall. Kein Kreuzverhör, jedoch sympathisch, fundiert vorbereitet und interessiert, gegebenenfalls wisst ihr oft mehr als der*die Interviewer*in, da ihr im Vorfeld über euer Umfeld recherchiert habt. Das kommt nicht nur gut an, sondern verblüfft, zeigt aktiv und eindrucksvoll die Extrameile, die ihr ja bereits gegangen seid, sonst könntet ihr die Fragen ja gar nicht stellen. 
Viel Arbeit. Nein. Viel Arbeit wäre es, wenn ihr nach zehn Tagen merkt, dass die Entscheidung falsch war und ihr wieder unterwegs seid zu neuen Ufern und kündigt. Einige unmissverständliche Merkmale, an denen ihr sofort erkennt, dass Wunsch und Wirklichkeit nicht zusammenpassen und ihr gegebenenfalls erst gar nicht in die Bewerbungsphase beim Unternehmen einsteigen solltet:

  1. Die Kandidaten-Journey – alles digital und Mobil First oder wird der tabellarische Lebenslauf mit Abiturabschlussballbild gewünscht?
  2. Ist ein Onboarding und damit eine fundierte Einarbeitung gegeben?
  3. Spricht das Unternehmen nur über sich und fordert im Personalanzeigensuchtext nur und gibt nichts oder nicht wirklich etwas zurück?
  4. info@ oder bewerbung@ oder mit direkter Durchwahl oder nur die Zentrale -0 zeigen Anonymität? Im Unternehmen möchte niemand zuständig sein und ihr fallt in einen „Sammelbehälter“.
  5. Reaktionszeiten beim Bewerbungseingang: Mehr als zwei Tage sind unüblich und zeigen schon Organisationsdefizite auf.
  6. Wie lange ist das Personalgesuch bei Step­Stone, Monster, Indeed bereits online? Bitte nicht zu lange. 
  7. Zum Schluss: Übung macht den Meister

Gelernt habt ihr Eigenverantwortung, selbstständiges Lernen, Vorträge zu halten und für Klausuren zu lernen. Nicht gelernt habt ihr – oder nur wenige von euch –, Bewerbungsinterviews zu führen. Übt solch ein Gespräch mit Menschen, die etwas davon verstehen. Dies ist auch via Teams, Zoom oder Skype möglich. Das Netz ist voll von Coaches oder noch besser mit Freunden, der Familie und Vertrauten. Viel Glück mit dem richtigen Unternehmen und denkt dran: Jobs gibt es viele, echte Herausforderungen, die Spaß machen, sind selten.

Kontakt:

KreativRealisten – Gesellschaft für strategische
Marketingkommunikation
Eine Unit der EMS & P Kommunikation GmbH
kraus@kreativrealisten.de
www.kreativrealisten.de

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