Energieversorgung der Zukunft
04.04.2025 - Messtechnik und Sensorik entlang der Wertschöpfungskette von Wasserstoff
Auf dem Weg zu klimaneutralen Industrien spielt die Wasserstofftechnologie eine entscheidende Rolle, auch aus wirtschaftlicher Sicht. Noch sind allerdings die technischen Anforderungen an die Transformation, sei es für die Herstellung, den Transport, die Lagerung oder die Nutzung des Wasserstoffes, sehr hoch. Ohne hochpräzise und zuverlässige Messinstrumente – und zwar entlang der gesamten Wertschöpfungskette – ist der Wechsel auf eine sichere und erfolgreiche Wasserstoffindustrie nicht denkbar. Doch an welchen Stellen in der Prozesskette kommt Messtechnik ins Spiel?
Das Potenzial von Wasserstoff ist enorm. Besonders grüner Wasserstoff bietet die Möglichkeit, die Dekarbonisierung in den kommenden Jahren voranzutreiben und den CO₂-Ausstoß signifikant zu senken. Wer Wasserstoff effektiv nutzen will, muss sich mit seiner Herstellung – die überwiegend durch Wasserelektrolyse erfolgt – auseinandersetzen. Dabei wird Wasser (H₂O) in seine Bestandteile Wasserstoff (H₂) und Sauerstoff (O₂) zerlegt. Verwendet man dafür ausschließlich Strom aus erneuerbaren Quellen, entsteht grüner Wasserstoff, der vollständig CO₂-frei ist. Daneben existieren weitere Wasserstoffarten: Blauer Wasserstoff wird durch Dampfreformierung produziert, wobei das entstehende CO₂ abgeschieden und gespeichert wird. Türkiser Wasserstoff entsteht durch Methanpyrolyse, bei der fester Kohlenstoff anstelle von CO₂ freigesetzt wird. Im Gegensatz dazu führt die Herstellung von grauem Wasserstoff, ebenfalls mittels Dampfreformierung von Erdgas, direkt zu CO₂-Emissionen.
Derzeit wird der weltweite Bedarf von rund 90 Millionen Tonnen Wasserstoff nahezu vollständig durch grauen Wasserstoff gedeckt, während grüner Wasserstoff bislang nur einen kleinen Anteil ausmacht. Doch der Wandel ist bereits im Gange: Immer mehr Länder bauen die grüne Wasserstoffproduktion verstärkt aus, um die Klimaziele zu erreichen. Unternehmen bündeln ihre Kräfte und treiben den Markthochlauf der Elektrolysetechnologie voran – eine entscheidende Voraussetzung, um das Gas bis zum Ende des Jahrhunderts in den benötigten Mengen bereitzustellen.
Sichere Überwachung kritischer Prozessstellen
Auch Endress+Hauser trägt aktiv zu dieser Entwicklung bei und unterstützt bereits Forschungsinstitute wie das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) bei der Entwicklung und Umsetzung fortschrittlicher Lösungen zur Wasserstofferzeugung. So lieferte das Unternehmen über 40 Messgeräte, die eine sichere Überwachung kritischer Prozessstellen in der Wasserstoffproduktion sicherstellen. Dazu zählen Geräte wie das Vortex-Durchflussmessgerät Prowirl F200, der digitale Leitfähigkeitssensor Memosens CLS16E sowie der Temperatursensor iTherm Moduline TM131, die ein breites Spektrum an Anforderungen abdecken – von der Flüssigkeitsanalyse bis zur Überwachung von Durchfluss, Temperatur, Druck und Füllstand. Mit Hilfe dieser Expertise konnte das ZSW kürzlich einen modularen Alkalischen Elektrolyse-Demonstrator erfolgreich aus dem Testbetrieb in den regulären Betrieb überführen. Um die Effizienz der Prozesse weiter zu optimieren und potenzielle Themen wie Qualitätsveränderungen oder Druckabfälle frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden, setzt Endress+Hauser zudem auf die Heartbeat Technology. Diese ermöglicht eine kontinuierliche Selbstdiagnose der Geräte und unterstützt durch vorausschauende Wartungsmaßnahmen eine langfristig sichere und effiziente Betriebsführung.
Neben der Alkalischen Elektrolyse (AEL) ist auch die Protonenaustauschmembran-Elektrolyse (PEM) ein bedeutendes Verfahren, wie es das Wasserstoff-Unternehmen Quest One (ehemals H-TEC Systems) anwendet. Auch hier nutzen die Experten präzise Messgeräte von Endress+Hauser, wie beispielsweise das Coriolis-Massedurchflussmessgerät F300. Der Füllstandsensor FMP51 sowie der Drucktransmitter Cerabar PMP51B steuern die Gasseparatoren sicher und zuverlässig.
Services und Produkte für die Qualitätssicherung
Nach der Produktion von Wasserstoff rücken die Qualitätssicherung und anschließend der sichere Transport in den Fokus. Am Ausgang der Elektrolysezellen muss man den Wasserstoff kontinuierlich auf seine Reinheit überprüfen, um eine effiziente Weiterverarbeitung sicherzustellen. Moderne, optische Analysegeräte messen in Echtzeit den Spurensauerstoffgehalt und die Spurenfeuchte. Damit sorgen sie dafür, dass der Wasserstoff die erforderlichen Spezifikationen erfüllt. Je nach Infrastruktur kann der Wasserstoff anschließend über umgewidmete Erdgasleitungen oder eigens neu errichtete Leitungen transportiert werden. Hier kommen fortschrittliche Technologien wie die TDLAS-Technologie von Endress+Hauser zum Einsatz, die mithilfe von Echtzeitmessungen spezifischer Moleküle das Risiko von Korrosion in den Pipelines minimieren.
Eine alternative Methode zur Speicherung und zum Transport von Wasserstoff über große Distanzen sind Flüssige Organische Wasserstoffträger (Liquid Organic Hydrogen Carriers, LOHC). Diese Verbindungen wirken wie ein „Schwamm“, der Wasserstoff durch chemische Reaktionen aufnimmt und bei Bedarf wieder abgibt. Der Vorteil von LOHC-Systemen liegt darin, dass sie Wasserstoff sicher und effizient transportieren können, ohne die vorhandene Infrastruktur, wie beispielsweise Tankwagen oder Pipelines, anpassen zu müssen. Eine große Herausforderung allerdings bleibt: Sowohl bei der Aufnahme (Hydrierung) als auch bei der Freisetzung (Dehydrierung) von Wasserstoff aus LOHC entstehen hohe Temperaturen. Um diese Prozesse sicher und effizient zu steuern, sind mehrere Messpunkte notwendig, die zentrale Parameter wie Durchfluss, Füllstand und Temperatur überwachen. Endress+Hauser bietet hierfür eine breite Palette an Produkten, Dienstleistungen und Lösungen an, darunter Coriolis-, thermische und Vortex-Durchflussmessgeräte, die zur Optimierung wasserstoffbasierter Prozesse beitragen. Präzise Füllstandmessgeräte sorgen zudem für eine zuverlässige Überwachung der Lagertanks.
Zukunftsfähige Wasserstoffspeicherung
Ein besonderer Vorteil von Wasserstoff ist seine Fähigkeit, erneuerbare Energie langfristig verfügbar zu machen: Überschüsse aus Wind- und Solarenergie lassen sich in Form von Wasserstoff speichern und bei Bedarf durch umgekehrte Elektrolyse wieder in Strom umwandeln. Damit wird Wasserstoff zu einem vielversprechenden Baustein für den Klimaschutz und die nachhaltige Nutzung erneuerbarer Energien. Ein weiterer Pluspunkt ist seine vielseitige Nutzung in bestehenden Systemen. In Gasturbinen kann er entweder pur oder gemischt mit Erdgas eingesetzt werden. Das erleichtert die Einbindung erneuerbarer Energien und reduziert gleichzeitig CO₂-Emissionen.
Für die langfristige Speicherung von Wasserstoff stellen Salzkavernen eine besonders sichere Lösung mit hoher Speicherkapazität dar. Diese natürlichen, stabilen Hohlräume, die durch einen Solprozess bergmännisch angelegt werden, eignen sich ideal zur Speicherung großer Mengen Wasserstoff. So kann überschüssiger grüner Wasserstoff aus erneuerbaren Energiequellen in Zeiten hoher Produktion zwischengespeichert und bei Bedarf, beispielsweise zur Stromerzeugung oder industriellen Nutzung, wieder abgerufen werden. Endress+Hauser spielt auch in diesem Bereich eine Schlüsselrolle, indem das Unternehmen eine breite Palette an hochpräziser Messtechnik entwickelt, um diese Speicherprozesse effizient und sicher zu gestalten.
Autor
Jens Hundrieser, Regional Industry Manager
Kontakt
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