"Am Anfang war das Licht"
14.05.2025 - Interview mit Daniell Haug, geschäftsführender Gesellschafter von Falcon Illumination
Der Einfluss der Beleuchtung auf eine prozesssichere Qualitätssicherung ist immens. Daniell Haug, geschäftsführender Gesellschafter des Beleuchtungs-Experten Falcon, erklärt im Interview, warum die Beleuchtung noch immer stiefmütterlich behandelt wird, welchen Einfluss die künstliche Intelligenz hat und mit welchen Trends er in den kommenden Jahren rechnet.
inspect: Falcon Illumination hat sich zu einem etablierten Beleuchtungsspezialisten der industriellen Bildverarbeitung entwickelt. Was würden Sie als Kernkompetenz Ihres Unternehmens bezeichnen?
Daniell Haug: Die Kernkompetenz bei Falcon liegt in der Entwicklung und Produktion hochwertiger LED-Beleuchtungen für die industrielle Bildverarbeitung. Wir bieten Standardbeleuchtungen in vielen unterschiedlichen Größen und Bauformen an. Unser Hauptkundenkreis nutzt dabei kleine bis mittelgroße Beleuchtungen.
Trotz ihrer zentralen Bedeutung wird das Thema Beleuchtung in der industriellen Bildverarbeitung noch immer stiefmütterlich behandelt. Bei der Planung einer Inspektionsanlage stehen Kamera, Optik, Robotik oder Fördertechnik im Vordergrund – und nicht selten wird bereits eine KI-basierte Bildverarbeitungs-Software festgelegt, in der Hoffnung, dass die KI alle Herausforderungen löst. Dabei wird übersehen, dass selbst die beste KI ohne die richtige Beleuchtung keine optimalen Ergebnisse liefern kann. Deshalb betonen wir immer wieder die zentrale Rolle der Beleuchtung für eine prozesssichere Qualitätssicherung – nach dem Motto: „Am Anfang war das Licht!“.
inspect: Stichwort individuelle Lösungen: Was waren in den letzten Jahren die interessantesten Kundenanwendungen?
Haug: Viele interessante Kundenanwendungen unterliegen der Geheimhaltung, weshalb wir nicht über sie berichten können. Trotzdem kann ich drei spannende Projekte vorstellen, bei denen unsere Beleuchtungslösungen zum Einsatz kommen.
Für ein Unterwasser-Kamerasystem des Alfred-Wegener-Instituts wurden speziell segmentiert schaltende Hintergrund- und Linienbeleuchtungen entwickelt. Diese kommen in der Tiefseeforschung zum Einsatz und sind für Drücke bis zu 400 bar ausgelegt.
Eine weiteres maßgeschneidertes Beleuchtungssystem wurde für die Qualitätskontrolle von Batteriezellen eines Elektrofahrzeugherstellers realisiert. Dabei handelt es sich um eine spezielle Koaxialbeleuchtung mit integrierten Polarisationsfiltern.
Im Rahmen eines anspruchsvollen Projekts wurde eine Hochleistungs-Infrarot-Spotbeleuchtung für die Luftbetankung von Flugzeugen entwickelt. Dabei musste sichergestellt werden, dass sie extremen Temperaturen von bis zu -60 °C standhält. Aufgrund der starken Temperaturschwankungen war sogar eine Vorheizung der Beleuchtung notwendig.
inspect: Auf der Vision 2024 haben Sie eine Linienbeleuchtungsserie vorgestellt, die eine Million Lux Helligkeit erreicht. Welche Anwendungen benötigen so hohe Helligkeiten?
Haug: Zeilenbeleuchtungen werden in der Textil- und Papierindustrie, der Holzverarbeitung sowie der Recycling- und Abfallwirtschaft eingesetzt. Darüber hinaus werden sie zur Inspektion von Leiterplatten verwendet, um fehlerhaft bestückte Komponenten zu identifizieren.
Zeilenkameras scannen das Objekt Zeile für Zeile bei hohen Bandgeschwindigkeiten. Um Bewegungsunschärfe zu vermeiden, sind sehr kurze Belichtungszeiten erforderlich, die wiederum eine besonders helle Linienbeleuchtung voraussetzen. Aufgrund der hohen Prozessgeschwindigkeiten ist ein kurzzeitiges Übersteuern innerhalb der vorgegebenen Taktzeit in der Regel nicht realisierbar, weshalb die hohe Lichtintensität für den Dauerbetrieb ausgelegt sein muss.
Mit der F4HLN haben wir eine Linienbeleuchtung auf den Markt gebracht, die nicht nur eine deutlich höhere Helligkeit als die bisherigen Serien bietet, sondern auch für den Dauerbetrieb ausgelegt ist. Sie eignet sich sowohl für Auflicht- als auch für Durchlichtanwendungen und bietet eine sehr homogene Ausleuchtung von bis zu 2,40 m Länge. Zusätzlich ist die F4HLN optional mit einem koaxialen Modul erhältlich, das sich für die Inspektion von Kratzern oder Beschädigungen auf halbglänzenden, glänzenden oder spiegelnden Oberflächen und Bauteilen im Hellfeld eignet.
inspect: Ein weiteres Highlight auf der Vision waren Beleuchtungen mit Vorsatzlinsen für besonders hohe Arbeitsabstände. Von welchen Abständen reden wir?
Haug: Unsere Linsen-Serien sind in zwei Varianten erhältlich: als Ringlichter (FHDR-Lens) und Lichtleisten (FHDL-Lens). Dank vorkonfigurierbarer Linsen mit 5 °, 15 ° oder 45 ° lassen sie sich an verschiedene Umgebungsbedingungen anpassen. Je nach Helligkeitsanforderung sind Arbeitsabstände von mehr als 3 Metern realisierbar.
Die Lichtleisten eignen sich für die gleichmäßige Ausleuchtung großer Flächen, beispielsweise zur Anwesenheitsprüfung oder Positionserkennung von Bauteilen auf Europaletten und in Palettenboxen sowie zur Barcode-Erfassung in der Verpackungsindustrie. Darüber hinaus finden sie Anwendung in Pick-and-Place-Prozessen in der Robotik. Sie sind sowohl für größere Objekte und Arbeitsabstände als auch für Anwendungen mit hochfokussiertem Licht geeignet, etwa zur Inspektion kleiner Bauteile über größere Distanzen.
inspect: Insbesondere die Consumer-Branche stellt fest, dass die Ansprüche der Kunden steigen. Merken Sie das als Beleuchtungshersteller ebenfalls?
Haug: Ja, auch wir beobachten diese Entwicklung. Ein wichtiger Trend ist die steigende Nachfrage nach benutzerfreundlichen Plug-and-Play-Lösungen. Kunden bevorzugen zunehmend Systeme ohne aufwändige Verdrahtung zwischen Beleuchtung und Kamera. Um diesem Bedarf gerecht zu werden, bieten wir Steuerungslösungen aus unserem Portfolio an, die eine einfache Integration ermöglichen und den Installationsaufwand erleichtern.
inspect: Was würden Sie sagen, sind die Trends in der Beleuchtungstechnik?
Haug: Ein aktueller Trend ist die steigende Nachfrage nach SWIR-Beleuchtungen (Short-Wave Infrared) im Wellenlängenbereich von 900 bis 1.700 nm. Diese Technologie ermöglicht völlig neue Anwendungsfelder, darunter die Inspektion folienverpackter Bauteile, die Unterscheidung von Flüssigkeiten, Füllstandskontrollen, Wafer-Inspektionen, das Kunststoff-Recycling sowie die Erkennung von Druckstellen auf Früchten.
Der Markt für die SWIR-Technologie ist derzeit noch begrenzt, da sowohl die Kameras als auch die Beleuchtungssysteme in diesem Spektrum mit hohen Kosten verbunden sind. Allerdings ist zu erwarten, dass mit der zunehmenden Marktdurchdringung die Preise sinken und diese Technologie für ein breites Anwendungsspektrum zugänglich wird.
inspect: Wann kommen Beleuchtungen mit künstlicher Intelligenz?
Haug: Ich gehe davon aus, dass künftig vermehrt KI-gesteuerte Bildverarbeitungssysteme entwickelt werden, die LED-Beleuchtungen intelligent an die spezifischen Anforderungen anpassen. Diese KI-gestützten Steuerungen könnten beispielsweise auf Basis von Echtzeitdaten aus Kameras oder Sensoren automatisch die Helligkeit regulieren, die Lichtfarbe anpassen oder durch LED-Segmente unterschiedliche Lichtwinkel schalten. Dadurch ließe sich die Beleuchtung dynamisch steuern, um ideale Bedingungen für die Defekterkennung oder Bauteilinspektion zu schaffen. Bereits heute bietet Falcon Beleuchtungslösungen, die für KI-Anwendungen optimiert sind.
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