Bildverarbeitung

BMW-Qualität auf vier Rädern

BV-System mit 26 Digitalkameras prüft Armaturenträger

10.05.2012 -

Wer einen Mini Countryman kauft, erwartet Qualität - innen wie außen. Damit innen alles millimetergenau passt, vermessen FireWire-Kameras mit VGA-Auflösung den Tragrahmen, auf dem später das Armaturenbrett sowie die Lenksäule und Knie-Airbagmodule montiert werden.

In der Leichtmetallgießerei der BMW Group in Landshut werden unter anderem Motor- und Fahrwerkskomponenten aus Leichtmetallguss für BMWs und Minis hergestellt. Dort investierte der Automobilhersteller in eine Prüfanlage, die die Tragrahmen für das Armaturenbrett des Mini Countryman kontrolliert. Der für Laien unscheinbare Tragrahmen spielt eine wichtige Rolle für die Sicherheit und Qualitätsanmutung des Fahrzeugs, denn auf diesem Strukturelement wird das Armaturenbrett montiert. Dazu gehören wichtige Komponenten wie die Lenksäule und Knie-Airbagmodule. Zudem muss die Geometrie des Trägers perfekt auf die der Verkleidung abgestimmt sein, damit diese passgenau montiert werden kann und einen hochwertigen Qualitätseindruck hinterlässt.
Die BMW Group beauftragte den Prüf- und Automatisierungsspezialisten Ziemann & Urban mit der Entwicklung und dem Bau einer autarken Prüfkabine für die Geometriekontrolle der Tragrahmen. Mit der Prüfkabine sollte die Maßhaltigkeit der Träger in der Produktionsumgebung fertigungsbegleitend, hundertprozentig vermessen werden. Die ­Position von Befestigungspunkten - etwa für Airbags und Lenksäule - muss dreidimensional gemessen werden. Zudem soll die Anwesenheit und Gratfreiheit von Bohrungen und Durchbrüchen für die Montage von Verkleidungen und sonstigen Komponenten kontrolliert werden. Die gesamte Vermessung soll automatisch innerhalb von fünf Sekunden erfolgen und die Anlage muss zwei Produktvarianten - Links- und Rechtslenker - auswerten können.
Eine zusätzliche technische Herausforderung besteht darin, dass durch die verwinkelte Form des Bauteils nicht alle Prüfpunkte aus demselben Blickwinkel erfasst werden können. So ist ein mechanisches Drehen des Tragrahmens, etwa durch ein Rhönrad, angedacht worden, damit die Kameras die verdeckten Prüfstellen erfassen können.

3D-Vermessung mit FireWire-Kameras

Durch eine besondere Anordnung des Prüfobjekts und der Kameras sowie den Einsatz von Hintergrundbeleuchtung und Umlenkspiegeln konnte Ziemann & Urban auf das aufwendige Wenden des Trägers verzichten. „Eine mechanische Bewegung des Objekts, egal wie gut sie technisch gelöst wird, bringt Toleranzen mit sich und wirkt sich negativ auf die Präzision der dreidimensionalen Messung aus", erklärt Markus Urban, Projektverantwortlicher bei Ziemann & Urban. „Der Verzicht darauf macht das Messverfahren einfacher und schneller".
Der Tragrahmen wird in einer maßgefertigten Vorrichtung positioniert und arretiert. Somit wird ausgeschlossen, dass die Messung durch eine falsche Position des Objekts in der Kabine gefälscht wird. Für die 3D-Vermessung werden 16 FireWire-Kameras mit VGA-Auflösung verwendet - acht für die Rechts- und acht für Linkslenkerversion. Mit Hilfe mehrerer Laserlinienprojektoren wird die Geometrie des Objekts im Bild hervorgehoben. Beleuchtet werden die Messpunkte mit LED-Punktstrahlern sowie durch eine Flächenhintergrundbeleuchtung.
Für die Anwesenheitskontrolle von Bohrungen und Durchbrüchen werden sechs FireWire-Kameras mit 1,25 bis 5 Megapixeln eingesetzt, die das Bauteil von oben nach unten betrachten - gegebenenfalls mit Umlenkspiegeln. Hervorgehoben werden die Bohrungen durch den in der Halterung integrierten Leuchttisch, der den Armaturenträger von unten anstrahlt. Verwinkelte Prüfpunkte, die von oben nicht erfasst werden können, kontrollieren vier weitere Digitalkameras mit VGA-Auflösung.
Dadurch, dass alle Kameras, Laserstrahler und Leuchteinheiten fest montiert sind und das Prüfobjekt nicht bewegt wird, erfüllt Ziemann & Urban sämtliche Präzisionsanforderungen der BMW Group. Selbst temperaturbedingte Abweichungen werden durch spezielle Entkopplungsvorrichtungen an den Kameras sowie eine laufende Überwachung der Temperatur des Bauteils, der Messanlage und der Umgebung kompensiert. Das Ergebnis: eine Messgenauigkeit von rund 25 µm, die normalerweise nur in klimatisierten Messräumen erreicht wird. Die Messgenauigkeit wird in regelmäßigen Abständen durch zyklische Messmittelfähigkeits-Nachweise sichergestellt. Die Messergebnisse werden in einer Datenbank gespeichert und können jedem Einzelteil zugeordnet werden. Hierzu liest das System den Data-Matrix-Code jedes Bauteils aus und speichert diesen mit den Messwerten ab.

Versorgen, steuern, übertragen

Insgesamt 26 Digitalkameras kommen in der Messkabine zum Einsatz. Bei der Auswahl der Kameras entschied sich Ziemann & Urban für FireWire-Kameras von Allied Vision Technologies. Für die 3D-Vermessung mit Linienlaser sorgen 16 Guppy-F-033-Monochromkameras mit VGA-Auflösung von AVT. Die Guppy ist eine besonders kleine und preiswerte Industriekamera mit FireWire-Schnittstelle (IEEE 1394a). Zudem zeichnet sie sich durch Maße von 42 x 30 x 30 mm aus und ist damit laut Kamerahersteller eine der kleinsten Machine-Vision-Kameras am Markt.
Für die Anwesenheitskontrolle der Bohrungen werden sechs Stingray-Monochromkameras mit 1,25 bis 5 Megapixeln Auflösung von AVT verwendet (Stingray F-125, F-201 und F-504) - eine besonders leistungsstarke und modulare Kamera für die industrielle Bildverarbeitung.
Die übrigen Anwesenheitskontrollen übernehmen vier Guppy-F-036-Monochromkameras ebenfalls von AVT. Wie die Guppy-F-033 ist auch die Guppy-F-036 eine VGA-Kamera, unterscheidet sich aber durch ihren CMOS-Sensor von ihrem Schwestermodell. Dieser unterstützt den High-Dynamic-Range-Modus und eignet sich vor allem für Applikationen mit hohem Kontrast.
„Wir haben uns aus verschiedenen Gründen für AVT-Kameras entschieden", erläutert Urban. „Durch ihre kompakten Abmessungen ließ sich die Guppy wunderbar in eine Anlage integrieren, in der ganze 26 Kameras untergebracht werden mussten. Ihre FireWire-Schnittstelle ist besonders für ein solches Multikamerasystem geeignet: Mit einem Kabel kann die Kamera mit Strom versorgt und per Software-Trigger gesteuert werden sowie ihre Bilddaten übertragen."
Die Kamerabilder werden mit Hilfe des ZVIS-4300-Bildverarbeitungsystems von Ziemann & Urban am System-PC ausgewertet. ZVIS 4300 zeichnet sich durch sein komfortables, Windows XP-basiertes Interface und seine umfangreichen Funktionen aus. Durch die globale Skalierungsfunktion eignet es sich besonders zur 3D-Positionsbestimmung. Die Gesamtsteuerung des Messablaufs übernimmt Ziemann & Urbans ZMESS-Software. Mit ihr werden die anderen Sensoren (DMC, Temperatursensor) ausgewertet und die Ergebnisse an einem 3D-Modell des Bauteils angezeigt und anschließend in die BMW-Datenbank eingespeist.

350 Prüfungen pro Schicht

Seit Anfang 2010 ist die Anlage am BMW Standort Landshut erfolgreich im Einsatz. Die ursprünglich geplante Ausbringungsmenge betrug rund 250 Teile pro Schicht. Inzwischen werden über 350 Stück pro Schicht geprüft. „Die Entwicklung einer maßgeschneiderten Vermessungsanlage war für die BMW Group eine wichtige Investition, um die Qualität und Sicherheit der Gussteile für den Mini Countryman zu sichern", kommentiert Michel Dechene, Fertigungsplaner bei der BMW Group in Landshut. „Die von Ziemann & Urban entwickelte Lösung mit 26 AVT-Digitalkameras erweist sich als robust und übertrifft unsere Erwartungen in den Punkten Handhabung, Ergonomie und Genauigkeit".

Kontakt

Allied Vision Technologies GmbH

Taschenweg 2A
07646 Stadtroda
Deutschland

+49 36428 / 677- 0
+49 36428 / 677- 28

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