Bildverarbeitung

Im Beschleuniger

Schweißprozesse visuell überwachen

02.06.2010 -

Derzeit wird am Heidelberger Krebs­forschungszentrum ein Beschleuniger aufgebaut, der Hirntumore mit Schwer­ionenstrahlung bekämpft. Die dafür entwickelte Beschleunigerkammer ist jedoch so komplex aufgebaut, dass die Verantwortlichen lange keinen ­Fertigungsbetrieb finden konnten, der die Edelstahl-Schweißkonstruktion herstellt. Denn die Schweißstellen sind nur schwer zugänglich.

Mittels Schwerionenstrahlung lassen sich bestimmte bisher inoperable Hirntumore erstaunlich schonend bekämpfen. Dies hat ein Pilotprojekt der GSI Darmstadt (Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung) gezeigt, das zusammen mit dem Krebsforschungszen­trum Heidelberg durchgeführt wurde. Teile dieses Beschleunigers wurden im Stern-Gerlach-Zentrum unter der Leitung von Ulrich Ratzinger und Alwin Schempp entwickelt. „In zwei Jahren sollen auch in Heidelberg Patienten mit dem größten Skalpell der Welt behandelt werden", berichtet Alexander Bechtold, einer der Forscher der Arbeitsgruppe von Ratzinger. Derzeit arbeiten Prof. Ratzinger und sein Team bereits an kleineren und leistungsfähigeren Nachfolge-Modellen der Beschleunigerkomponenten. Unter dem Arbeitstitel „Low Energy Transport of an Incoherent Proton Beam" entwickelten die Forscher eine Beschleunigerkammer, die die Leistung des bisherigen Modells in den Schatten stellen wird. Doch die Konstruktion ist so komplex, dass sich lange kein Fertigungsbetrieb gefunden hatte, der bereit gewesen wäre, die Edelstahl-Schweißkonstruktion auszuführen.

Spezialisten aus der ­Konstruktionsmechanik
Die zu fertigende Baugruppe ist ein ca. 1,5 m langes Rohr von 40 cm Durchmesser, in dem im Abstand von ungefähr 10 cm speichenförmige konische Konstruktionen die Fokussier- und Beschleunigereinheiten zentrisch fixieren. Die Oberfläche muss beim Fertigungsprozess sehr glatt bleiben, um anschließend eine gleichmäßige Verkupferung zu ermöglichen. Die Einheit muss zudem Hochvakuumdicht sein. Der Kühlmediendurchfluss in den hohlen Speichen zu den Fokussiereinheiten muss beständig sein. Das für diese Anforderungen geeignete Schweißverfahren ist ein manueller MIG-Prozess. Doch die Schweißstellen sind konstruktionsbedingt nur sehr schwer zugänglich. Der Schweißer kann keinesfalls mit dem Kopf in die Tiefe des Rohres vordringen.

Aufgrund dieser komplexen Anforderung wendeten sich die Forscher des Stern-Gerlach-Zentrums an die Spezialisten der Konstruktionsmechanik der Johann-Wolfgang-Goethe Universität Frank­furt/Main. In diesem Eigenbetrieb der Hochschule werden Spezialaufträge der Metallbearbeitung ausgeführt. Dort kümmert sich Jürgen Kölichhaus mit seinem Team um Bauteile oder Produkte, die zu kompliziert oder zu aufwändig für eine externe Fertigung erscheinen. Wolfgang Gass von der Konstruktionsmechanik entwickelte ein Konzept, das eine Fertigung prinzipiell ermöglicht. Ein Problem aber blieb bestehen: Schweißstellen, die sich dem direkten Sichtkontakt entziehen. Der Schweißfachmann darf nicht blind arbeiten, denn damit wird das Risiko unkalkulierbar und Anforderungen bezüglich Oberflächengüte und Dichtigkeit können nicht erfüllt werden.

Kamera-Konzept für visuelle Kontrolle
Versuche mit optischen Systemen oder Spiegeln, diese Schweißstellen ins Gesichtsfeld des Schweißers zu bringen, blieben wegen der großen Entfernungen und starken Blendungen durch Reflexionen innerhalb der glänzenden Edelstahlkonstruktion erfolglos. Auch Rückfragen bei Schweiß-Instituten brachten keine Lösungen, bis die Arbeitsgruppe auf der Suche nach einem geeigneten Kamera-System auf das Unternehmen hema electronic stieß. Mit der seelectorICAM weld verfügt hema über ein Kamera-Konzept, das in der Lage ist, sehr hohe Helligkeitsunterschiede zu erfassen und darzustellen. So kann der Schweißer genau so präzise wie mit dem eigenen Auge durch die Schweißmaske sowohl den Lichtbogen als auch das Schmelzbad und die Umgebung erfassen, um den Prozess unter Kontrolle zu halten. Erste Versuche an einem einfachen Blechmodell bestätigten: Mit etwas Geschick kann der ausführende Schweißfachmann auf dem Monitor die visuelle Kontrolle über die manuelle Führung des Brenners behalten.
Nach diesen ersten erfolgreichen Tests stellte hema electronic, Kameraspezialist aus Aalen, ein komplettes Paket aus Kamera, Notebook und zusätzlichem 10‘‘ Monitor zusammen.

Schweißnähte genügen Anforderungen
Der ausführende Schweißfachmann Bastin Chakkalamattah berichtet: „Es erfordert etwas Übung, um die Auge-Hand-Koordinierung zu beherrschen, aber mit den scharfen Bildern der Kamera kann ich den Prozess jederzeit visuell überwachen. Ich sehe genau den Lichtbogen, das Schmelzbad und seine Umgebung und weiß deshalb, ob und wie der Prozess verläuft."
Ein erster Prototyp der neuen Beschleunigerröhre wurde inzwischen aufgebaut. Die Röntgenüberprüfung der mit Hilfe der seelectorICAM weld erstellten Schweißnähte zeigten ausschließlich fehlerfreie und perfekt ausgeführte Schweißnähte. Nachdem der Nachweis erbracht wurde, dass die mittels Kameraüberwachung erzeugten Handschweißnähte den extremen Anforderungen genügen, soll in diesem Jahr die Beschleunigerkammer aufgebaut werden. Der Leiter der Konstruktionsmechanik, Jürgen Kölichhaus, resümiert: „Kein kommerzieller Betrieb hat sich zugetraut, diese Beschleunigerkammer zu bauen. Und gäbe es die hema-Kamera nicht, hätten wir es auch nicht geschafft."

Kontakt

hema electronic GmbH

Röntgenstr. 31
73431 Aalen
Deutschland

+49 7361 9495 0
+49 7361 9495 45

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