Automatisierung

IO-Link: Kommunikation kann so einfach sein

11.04.2024 - Neue Möglichkeiten durch die internationale Standardisierung von IO-Link Wireless und IO-Link Safety

Die einfachsten Lösungen sind meist die besten. Dies beweist IO-Link mittlerweile in unzähligen Anwendungen. Die IO-Link-Community hat nun mit der internationalen Standardisierung von IO-Link Wireless einen weiteren wichtigen Baustein auf den Weg gebracht haben.

IO-Link – eine der Kerntechnologien von PI (Profibus & Profinet International) – ist weit verbreitet und hat sich als kostengünstige Punkt-zu-Punkt-Schnittstelle von intelligenten Geräten auf der untersten Ebene der Automatisierung durchgesetzt. Ende 2022 wurden über 35 Millionen Knoten gezählt, Tendenz weiter steigend. Der Erfolg von IO-Link liegt vor allem in seiner Einfachheit. Basis ist die Gerätebeschreibungssprache IODD (IO Device Description). Auf Basis von XML beinhaltet sie die präzise Funktionalität eines jeden IO-Link-Devices inklusive der genauen Semantik aller zur Verfügung gestellten Daten. Die IODD ist damit die Grundlage des digitalen Zwillings innerhalb der Verwaltungsschale und in weiteren Software-Produkten zur Parametrierung und IoT-Integration. Die IODD enthält die ganzheitlichen Geräteinformationen zu Prozessdaten, Parametrierung, Service­daten und Identifikation. 

Mit dem IODDviewer bekommen die Nutzer die Funktionalitäten und Datenstrukturen aller im IODDfinder registrierten Geräte direkt und übersichtlich angezeigt. Inzwischen sind über 30.000 Produkte von mehr als 150 verschiedenen Herstellern im IODDFinder registriert – auch hier werden es täglich mehr. Etwa eine Million Downloads pro Monat zeigen die Akzeptanz bei den Nutzern. Weitere Technologien, wie zum Beispiel IO-Link Wireless, nutzen ebenfalls die IODD-Gerätebeschreibung, was für den Anwender ein gemeinsames Look-and-Feel bedeutet.
 

Internationale Standardisierung von IO-Link Wireless und IO-Link Safety

Mit der internationalen Standardisierung von IO-Link Wireless hat die IO-Link Community einen weiteren Schritt gesetzt in Richtung Komplettierung des Ökosystems. IO-Link Wireless wurde bereits 2018 als IO-Link Wireless System Extensions in der Version V1.1 veröffentlicht. In den darauffolgenden Jahren wurden Erweiterungen, Weiterentwicklungen und Verbesserungen sowie die Entwicklung einer zugehörigen Test-Spezifikation in der IO-Link Community umgesetzt. Die Überführung in einen internationalen IEC-Standard mit Unterstützung der deutschen Normungsorganisation DKE war nun der abschließende Meilenstein dieser Aktivitäten.

Diese Tätigkeiten wurden auch vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) als IOLW-4-IEC im Rahmen der Förderrichtlinie WIPANO (Wissens- und Technologietransfer durch Patente und Normen) gefördert. Im November 2023 veröffentlichte die IEC den Standard IEC 61139-3:2023 Industrial networks – Single-drop digital communication interface – Part 3: Wireless Extensions. Mit dem erfolgreichen Abschluss der Normung von IO-Link Wireless als IEC 61139-3 sind nun die wichtigsten Pfeiler der IO-Link-Technologie, IO-Link Spezifikation V1.1.3 in der IEC 61131-9 und IO-Link Safety in der IEC 61139-2, als internationale Standards gesetzt.


Anwendungen ohne Kabel – mit WiFi oder 5G

Neben der direkten drahtlosen Verwendung von IO-Link kann die Technologie auch mit jeglicher Art von IP-Netzen kombiniert werden. Neben der ursprünglichen Kombination mit Feldbussen gehören dazu auch diverse IoT-Services. Diese wiederum können kabelgebunden oder ebenfalls drahtlos sein. Für die Funkübertragung wird in heutigen lokalen IT-Netzen in der Regel WiFi (WLAN) benutzt. Für standortübergreifende Provider-Dienste oder auch intern kommt jedoch mehr und mehr 5G ins Gespräch.

Wie wichtig dieser Schritt ist, zeigt die steigende Zahl an mobilen Anwendungen. Hierzu zählen beispielweise autonome Fahrzeuge (AGV: Autonomous Guided Vehicles, AGV oder AMR: Autonomous Mobile Robots), Kräne, Bagger, Agrarfahrzeuge aber auch Offshore-Wind- oder Wellenkraftwerke, die lediglich über eine Hochspannungsleitung mit dem Festland verbunden sind. Hierzu kann auf Sensoren und Aktuatoren aus einer großen Palette vieler IO-Link-Gerätehersteller zurückgegriffen werden. Für die sichere Informationsübertragung sorgen 5G-Mobilfunknetze, die auf lizensierten Funkbändern große Datenmengen in Echtzeit übertragen können. Durch das Zusammenspiel zwischen diesen Funknetzwerken und IO-Link ergeben sich Applikationen, wie die nachfolgenden zwei Beispiele zeigen.


Automatisierter Transport von Containern

AGVs werden in großen Containerhäfen eingesetzt, um eingehende Container von den großen STS-Kränen (Ship-to-shore) ins Hinterland befindliche Lager zu bringen oder auf die Straße oder Schiene weiter zu verteilen. Auf diesen AGVs befinden sich zahlreiche IO-Link-Sensoren und Kameras zur Kollisionsvermeidung. Die Daten der IO-Link-Master werden zunächst in einem Edge-Controller gesammelt und dann über ein 5G-Modem in das Mobilfunknetz übertragen. Von hier aus stellt der Provider eine direkte, sichere Datenverbindung zur Hafenbetreiber-Cloud und zur Intralogistik-Software zur Verfügung. Automatisierte Terminals sind auf diese Daten angewiesen, die von den Containerumschlaggeräten kontinuierlich gesammelt werden. Die große Menge an erfassten Daten wird analysiert, um subtile Änderungen der Anlagen im Betrieb zu erkennen. Diese identifizierten Trends können dann zur präventiven Planung genutzt werden, bevor es zu tatsächlichen Komponentenausfällen kommt. So ist es zum Beispiel mit IO-Link-Vibrationssensoren möglich, zielgenau und rechtzeitig Anomalien an Antrieben und Lagern zu erkennen und vorrausschauende Wartung zu betreiben. 


Wellenkraftwerk auf hoher See  

Ein Wellenkraftwerk auf dem Meer erzeugt auf einer Art überdimensionalen Boje elektrische Energie aus der Wellenbewegung. Durch eine Konvertierung der Wellen- in eine Linearbewegung wird elektrische Energie erzeugt. Auf dieser Maschine befindet sich ein Schaltschrank mit IO-Link-24-Volt-Netzteilen, -sicherungen, vielen IP67-IO-Link-Mastern und eine Vielzahl von Sensoren und Aktoren. Ziel ist es, eine hohe Verfügbarkeit zu erreichen. Die 24/7-Online-Diagnose erfolgt über dedizierte 5G-Netzwerke zusammen mit einer IoT-Software-Plattform, über die alle IO-Link-Teilnehmer überwacht und bei Bedarf fernparametriert werden können. Eine wichtige Rolle bei der Sicherstellung der Funktionstüchtigkeit der Linearantriebe bilden IO-Link-Schwingungsmesssysteme, die über eine kontinuierliche Datenauswertung in der RTM-Software dafür sorgen, dass rechtzeitig Alarme an das Wartungspersonal übermittelt werden. 


Mixmodus aus IO-Link und IO-Link Safety?

Neben der Wireless-Technologie wurden in den vergangenen Jahren weitere Funktionen für IO-Link auf den Weg gebracht, wie die funktionale Sicherheit. Für den Maschinenbau ist IO-Link Safety ein wichtiges Element, um Sensoren und Aktoren durchgängig an die Steuerungsebene anzubinden. 

Im Maschinen- und Anlagenkonzept mussten die unterschiedlichen sicheren Sensoren und Aktoren bisher also auf klassische Weise mit verschiedenen Anschlussleitungen an das zugehörige Auswertesystem – zum Beispiel eine sichere Steuerung – angeschlossen werden. IO-Link Safety hat den Schaltbetrieb standardisiert (OSSDe) und dadurch den Einsatz von schaltenden Sicherheitsgeräten stark vereinfacht. Mit der IO-Link-Safety-Systemerweiterung V1.1.3 liegt ein Standard vor, mit dem der Anwender ein durchgängiges Lösungskonzept realisieren kann. Auch IO-Link Safety ist weltweit standardisiert als IEC 61139-2. Unabhängig davon bringt IO-Link Safety alle Vorteile von IO-Link mit, etwa die Feldbus- und Steuerungsunabhängigkeit der Sensoren und Aktoren, eine standardisierte Anschlusstechnik, die Verwendung einer IODD zur Parametrierung oder den einfachen Gerätetausch. 

Des Weiteren sind IO-Link-Safety-Devices, die der Spezifikation entsprechend entwickelt wurden, unabhängig vom Hersteller des IO-Link-Safety-Masters nutzbar. Der Anwender kann sich folglich das am besten für seine Applikation geeignete Gerät am Markt aussuchen. 

Es kam immer wieder die Frage auf, ob es zukünftig einen Mischbetrieb zwischen IO-Link und IO-Link Safety geben kann. Die Antwort lautet eindeutig: ja. Als prädestinierter Einsatzbereich bieten sich unter anderem Bedien- und Meldeeinheiten an, die abgesehen vom Not-Halt-Taster häufig weitere Komponenten umfassen. In Zukunft wird lediglich ein IO-Link-Device/IO-Link-Safety-Device vorliegen, das sämtliche benötigten Funktionen abdeckt und Informationen über den IO-Link Safety Master an das Steuerungssystem übergibt. Zudem werden Lichtgitter, Laserscanner oder IO-Link-Safety-E/A-Module ebenfalls von diesen Vorteilen profitieren. 

Für die IO-Link-Safety-Systemerweiterung sprechen die vielfältigen Konfigurationsmöglichkeiten der einzelnen IO-Link-Safety-Ports. In der Systemerweiterung sind dazu verschiedene Feature Level entstanden. 

Über die Betriebsarten IO-Link, IO-Link-Safety und dem Mixmodus aus beiden Konzepten lassen sich sichere digitale Signale und nicht-sichere digitale Signale konfigurieren, was die Flexibilität der IO-Link Safety Master nochmals erhöht. Ferner wird in der Systemerweiterung bereits der Class B Port thematisiert. Dieser kann künftig IO-Link-Devices mit einem höheren Strombedarf versorgen. Wegen der umfangreichen Funktionen erlaubt der neue Standard eine einfache Migration der bestehenden sicherheitstechnischen Lösung im Feld. 


Weg frei für die kabellose IO-Link-Variante

Mit der internationalen Standardisierung gemäß IEC 61139-3 im November 2023 steht einem Serieneinsatz der kabellosen IO-Link-Variante, wie auch schon der Safety-Erweiterung, nichts mehr im Wege. Wie dies praktisch umgesetzt wird, ist auf einer Multi-Vendor-Demo auf dem PI-Messestand auf der Hannover Messe zu sehen. Gezeigt werden typische Anwendungen, die von einer kabellosen Anbindung in der Praxis besonders profitieren. Dazu gehört ein Drehtisch, auf dem zwei IO-Link Wireless Hubs und eine Wireless Bridge mit angeschlossenen Sensoren und Aktoren montiert sind. Weiter ist eine batteriebetriebene Lösung zur Abstandsmessung zu sehen. Ebenfalls wird gezeigt, dass Wireless-Endgeräte im Rahmen von Retrofit-Maßnahmen auch fest angebracht sein können. Die Applikationen kommunizieren mit IO-Link-Wireless-Mastern von drei verschiedenen Herstellern. Mit IO-Link, IO-Link Safety und IO-Link-Wireless erhält der Anwender somit ein zukunftssicheres Konzept zur Umsetzung seiner Digitalisierungsstrategie.
 
Autoren
Ralf Kaptur, Balluff GmbH, Leiter der WG „IO-Link Wireless Marketing“
Peter Wienzek, IFM Gruppe, langjähriges Mitglied in der WG „IO-Link Marketing“ 

Kontakt

Profibus Nutzerorganisation

Ohiostraße 8
76149 Karlsruhe
Deutschland

+49 721 986 197 0

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