Automatisierung

KI und Robotik: Was bringen sie der produzierenden Industrie und dem Mittelstand?

10.06.2025 - Künstliche Intelligenz und Robotik in der Industrie

Künstliche Intelligenz (KI) und Robotik bieten der produzierenden Industrie erhebliche Potenziale – von Effizienzsteigerungen über Qualitätsverbesserungen bis hin zur Erschließung neuer Geschäftsmodelle. Gleichzeitig erfordert ihre Einführung ein Umdenken in der Produktionsplanung, der Qualifikation von Mitarbeitenden und der Systemintegration. Die im Artikel vorgestellten Projekte zeigen exemplarisch, wie praxisnahe Lösungen entwickelt werden können, um diese Technologien auch für mittelständische Unternehmen zugänglich zu machen.
 

Die industrielle Revolution durch KI und Robotik

Die industrielle Produktion befindet sich im Umbruch. KI und Robotik zählen zu den zentralen Technologien, die Produktionsprozesse effizienter, flexibler und resilienter gestalten können. Für die produzierende Industrie – insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen – ergeben sich daraus vielfältige Chancen, aber auch strukturelle und technologische Herausforderungen. Um diese Potenziale zu erschließen, braucht es nicht nur technologische Innovation, sondern auch praxisnahe Forschung, die den Transfer in die industrielle Anwendung ermöglicht.
 

Erfolgreiche Einsatzbeispiele von KI in der Produktion

KGT-Cam: Vollautomatisierte Zustandsüberwachung von Kugelgewindetrieben

Ein Beispiel für den erfolgreichen Einsatz von KI in der Produktion ist das abgeschlossene Projekt KGT-Cam am wbk Institut für Produktionstechnik. Ziel war es, ein System zur automatisierten Zustandsüberwachung von Kugelgewindetrieben zu entwickeln – einer zentralen Komponente in vielen Werkzeugmaschinen. Die Lösung basiert auf einem kamerabasierten Sensorsystem, das die Laufbahn einer Gewindespindel visuell erfasst. Mithilfe von Convolutional Neural Networks (CNNs), die zuvor anhand von aufgenommenen und gelabelten Bildern trainiert wurden, werden Aufnahmen dieser Laufbahn analysiert, um typische Verschleißmuster wie Riefen oder Pitting zuverlässig zu erkennen. Das System ermöglicht eine kontinuierliche, KI-gestützte Bewertung des Bauteilzustands in Echtzeit. Für die Industrie bedeutet das eine deutlich höhere Anlagenverfügbarkeit, geringere Stillstandzeiten und eine verbesserte Prozesssicherheit – zentrale Faktoren für Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit, gerade im Mittelstand.

Projekt AgiloBat: Agile Produktion von Batteriezellverbünden aus formatflexiblen Pouch-Zellen

Ein konkreter Anwendungsfall ist das Projekt AgiloBat, das auf die agile Produktion von Batteriezellverbünden aus formatflexiblen Pouch-Zellen abzielt. Die Produktion erfolgt in standardisierten Roboterzellen, die ein regelbares Mikroklima aufrechterhalten – wodurch auf großflächige Trockenräume verzichtet werden kann. Die Prozessmodule innerhalb der Zellen sind frei anordenbar und werden durch autonome Handling-Roboter verknüpft. Die Steuerung erfolgt über eine selbstkonfigurierende, modulare Architektur, die sich dynamisch an neue Zellformate und Materialien anpassen lässt. Ergänzt wird das System durch eine durchgängige Qualitätssicherung und die Integration von Sensorik zur Datenerfassung für maschinelles Lernen. Damit zeigt AgiloBat, wie KI-gestützte Robotik eine hochflexible, skalierbare Produktion ermöglicht – ideal für mittelständische Unternehmen, die auf volatile Märkte reagieren und gleichzeitig höchste Qualitätsanforderungen erfüllen müssen.

Wertstromkinematiken: Produktionswertströme mithilfe standardisierter Roboterkinematiken abbilden

Auf dieser Grundlage baut das Projekt Wertstromkinematik auf, das untersucht, wie sich mithilfe standardisierter Roboterkinematiken ganze Produktionswertströme abbilden lassen. Ziel ist es, durch den gezielten Einsatz von Vertikalknickarmrobotern eine durchgängige, hochflexible Automatisierung zu ermöglichen – unabhängig vom konkreten Produkt. Die Forschung konzentriert sich dabei auf die Frage, wie diese Roboter technisch dazu befähigt werden können, verschiedene Produktionsprozesse durchzuführen. Ein zentrales Thema ist die mechanische Kopplung mehrerer Roboter, um komplexe Bearbeitungsaufgaben arbeitsteilig zu lösen und gleichzeitig die Steifigkeit des Gesamtsystems zu erhöhen. Ergänzend werden prozessübergreifende Steuerungskonzepte, Materialflusslösungen und skalierbare Layouts entwickelt, um eine wandlungsfähige, durchgängige Automatisierung zu realisieren. Damit liefert das Projekt Wertstromkinematik ein übertragbares Konzept für die roboterbasierte Produktion der Zukunft – ein strategischer Ansatz, um KI und Robotik ganzheitlich in industrielle Wertschöpfungsketten zu integrieren.
 

Herausforderungen und Chancen für den Mittelstand

Gleichzeitig zeigen diese Projekte auch, dass der Weg zur KI-gestützten Produktion nicht ohne Herausforderungen ist. Gerade kleine und mittlere Unternehmen stehen häufig vor strukturellen Hürden wie unzureichender Datenverfügbarkeit, fehlendem Fachpersonal oder Investitionsrisiken. Umso wichtiger ist es, dass Forschung und Entwicklung nicht nur technologische Exzellenz anstreben, sondern auch wirtschaftlich tragfähige und skalierbare Lösungen anbieten. AgiloBat und Wertstromkinematik verdeutlichen, wie sich modulare Konzepte und intelligente Automatisierung auch mit begrenzten Ressourcen realisieren lassen – und damit konkrete Antworten auf die Bedürfnisse des Mittelstands geben.
 

Neue Produktionslogik: „Weg von starren Linien hin zu autonomen, vernetzten Systemen“

Die hier vorgestellten Ansätze markieren zugleich den Übergang zu einer neuen Produktionslogik: weg von starren Linien hin zu autonomen, vernetzten Systemen, die sich selbstständig an veränderte Bedingungen anpassen können. In Kombination mit digitalen Zwillingen, Edge Computing und 5G entstehen cyber-physische Produktionsumgebungen, die nahezu in Echtzeit optimiert werden können. Auch generative KI wird künftig eine wichtige Rolle spielen – etwa bei der Simulation von Fertigungsprozessen oder der automatisierten Erstellung von Prüfplänen und Maschinenprogrammen. Am wbk Institut für Produktionstechnik wird daher intensiv daran geforscht, wie diese Technologien sinnvoll in bestehende Strukturen integriert werden können – mit besonderem Fokus auf die Anforderungen des industriellen Mittelstands.
 

Fazit

Künstliche Intelligenz und Robotik bieten der produzierenden Industrie somit erhebliche Potenziale – von Effizienzsteigerungen über Qualitätsverbesserungen bis hin zur Erschließung neuer Geschäftsmodelle. Gleichzeitig erfordert ihre Einführung ein Umdenken in der Produktionsplanung, der Qualifikation von Mitarbeitenden und der Systemintegration. Die genannten Projekte zeigen exemplarisch, wie praxisnahe Lösungen entwickelt werden können, um diese Technologien auch für mittelständische Unternehmen zugänglich zu machen – und damit die Frage zu beantworten, was KI und Robotik der Industrie wirklich bringen.

Autor
Jürgen Fleischer, wbk Institut für Produktionstechnik, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

inspect award 2025


Die Abstimmung für den inspect award 2025 läuft.

Stimmen Sie jetzt ab!

Digitaler Event-Kalender 2025

Jetzt an den Events teilnehmen, live oder on demand. 

Zur Seite

Fokus Nachhaltigkeit

Lesen Sie Fachbeiträge, News und Interviews zum Thema

Zur Microsite

Spannende Artikel zu Fokus-Themen finden Sie in unseren E-Specials. Lesen Sie jetzt die bisher erschienenen Ausgaben.

Zu den E-Specials

Media Kit

Die Mediadaten 2025 sind jetzt verfügbar! Laden Sie sie hier herunter.

inspect award 2025


Die Abstimmung für den inspect award 2025 läuft.

Stimmen Sie jetzt ab!

Digitaler Event-Kalender 2025

Jetzt an den Events teilnehmen, live oder on demand. 

Zur Seite

Fokus Nachhaltigkeit

Lesen Sie Fachbeiträge, News und Interviews zum Thema

Zur Microsite

Spannende Artikel zu Fokus-Themen finden Sie in unseren E-Specials. Lesen Sie jetzt die bisher erschienenen Ausgaben.

Zu den E-Specials

Media Kit

Die Mediadaten 2025 sind jetzt verfügbar! Laden Sie sie hier herunter.