Qualitätskontrolle von elektronischen Leiterplatten
26.06.2025 - Künstliche Intelligenz ermöglicht Defekterkennung im Nano-Bereich
Mit maschinellem Lernen und KI-gestützten Software-Systemen lassen sich Geschwindigkeit und Genauigkeit der Qualitätskontrolle von elektronischen Leiterplatten erhöhen. Eine eigens entwickelte Deep-Learning-Software benötigt nur wenige Bilder, um das Inspektionssystem an die jeweilige Anwendung anzupassen.
Der Erfolg der Mobilfunkbranche brachte Innovationen in vielen weiteren Branchen mit sich: von der Bildverarbeitung über Software bis hin zur Metallurgie. Vor allem aber profitierte der Halbleitermarkt davon. Die Nachfrage nach höherer Leistung in kleineren Gehäusen ist seit Jahrzehnten ungebrochen. Kürzlich präsentierte Apple neue Iphones, von denen einige bereits mit den A17-Bionic-Chips ausgestattet sind. TSCM stellt sie mit einem neuen 3 nm-Fertigungsprozess her. Sie sind kleiner, schneller und energieeffizienter als ihre 5 nm-Vorgänger. Jeder Chip soll aus rund 19 Milliarden Transistoren bestehen, einige davon so klein, dass ihre Elemente nur 12 Siliziumatome breit sind.
Berichten zufolge wird Apple auf ein neues Leiterplattenmaterial umstiegen: auf RCC-Folien (Resin Coated Copper). Damit können die Leiterplatten (engl. printed circuit board, PCB) noch dünner konzipiert werden. Doch RCC-Folien sind sehr empfindlich, besonders im Laminierungsprozess ist das Material anfällig für Hitze und Druck. Je komplizierter der Herstellungsprozess wird, umso mehr Bedeutung gewinnt die optische Inspektion zur Überprüfung der Qualität.
Qualitätskontrolle: Engpass in der Produktion
In der Herstellungskette von Leiterplatten ist die Qualitätskontrolle oft der größte Engpass, einschließlich der Zuverlässigkeitsprüfung und der Nachbearbeitung fehlerhafter Platten. Eine Verbesserung der Geschwindigkeit und Effizienz der Qualitätskontrolle kann die Produktionsausbeute und den Durchsatz erheblich steigern und so die Herstellungskosten und den Ausschuss verringern.
Die meisten Leiterplattenhersteller verwenden automatische, optische Inspektionssysteme (AOI) zur Überwachung von Fehlern. Diese liefern aussagekräftige Ergebnisse – gleich ob bei Fehlern an Lötstellen, bei Anschlüssen, Pads oder Leiterbahnen. AOI-Systeme erkennen zudem frühzeitig Probleme, die während der Montage auftreten, wie Kurzschlüsse, offene Schaltkreise, dünne Lötstellen oder Kratzer auf Leiterbahnen. Insbesondere Kratzer können für eine Leiterplatte gravierend sein, da sie die elektrischen Eigenschaften verändern und so unter Umständen zu einer völligen Fehlfunktion des Produkts führen.
AOI-Systeme haben den Vorteil, dass sie direkt am Ende der Leiterplattenproduktionslinie, vor der Laminierung und dem Ätzen, eingesetzt werden und so Fehler früher als andere Methoden entdecken. Bildgebende Systeme erfassen hochauflösende Bilder mit einer Auflösung von bis zu einigen Mikrometern und vergleichen diese dann mit den Bildern einer idealen Modellleiterplatte (auch als sogenannte goldene Leiterplatte bezeichnet) oder mit einer Bilddatenbank, die sowohl akzeptable als auch fehlerhafte Muster enthält.
AOI-Systeme führen nicht nur Tests an der zu bestückenden Leiterplatte durch, sondern überwachen auch den Fertigungsprozess selbst. Bestückungsautomaten reagieren auf die erkannten Fehler in Echtzeit und korrigieren Bestückungsfehler wie Fehlplatzierungen oder Ausrichtungsfehler.
Grenzen der regelbasierten Bildverarbeitung
Angesichts der Nachfrage nach kleineren, leistungsfähigeren Bauteilen und der daraus resultierenden Komplexität und Feinheit von Materialfehlern ist die herkömmliche manuelle Prüfung oder regelbasierte Bildverarbeitung der Aufgabe nicht unbedingt gewachsen, wie folgendes Beispiel zeigt.
Ein Halbleiter-OEM musste eine Vielzahl feiner Defekte an PCB-Komponenten erkennen, darunter Bruch, Abrieb, Verunreinigungen, Fragmente und Luftblasen. Die herkömmliche regelbasierte Bildverarbeitung bot dafür jedoch nicht die erforderliche Genauigkeit. Die fehlerhaften Teile, die in den bestehenden Prozessen des Herstellers unentdeckt blieben, nahmen zu, was die Kosten in die Höhe trieb. Es wurde daher eine neue Lösung benötigt.
Um diese Hindernisse zu überwinden, entschied sich der OEM für maschinelles Lernen, um seine Genauigkeitsanforderungen bei der Erkennung von Defekten auf Leiterplatten und deren Komponenten zu erfüllen. Seine Wahl fiel auf die Inspektionssoftware Sapera AI von Teledyne. Die Sapera-AI-Software ermöglichte es dem Unternehmen, seine regelbasierten Algorithmen innerhalb seiner AOI-Systeme um Funktionen mit künstlicher Intelligenz (KI) zu erweitern. Die Sapera-AI-Software erwies sich als passende Lösung, da sie es dem Hersteller ermöglichte, einen Großteil seines bestehenden Systems zu nutzen und gleichzeitig eine genauere Erkennung von subtilen Defekten zu gewährleisten, die bei anderen Methoden übersehen würden.
Mit Sapera AI konnte der OEM eine Genauigkeit von 98 Prozent bei der kontinuierlichen Klassifizierung mit einer Geschwindigkeit von 12 bis 14 ms für 200 Bilder und eine Genauigkeit von 100 Prozent für 453 gute und elf schlechte Bilder erreichen. Darüber hinaus wurde eine Genauigkeit von 99,62 Prozent bei 259 Bildern und einer Geschwindigkeit von 20 ms für die Objekterkennung erreicht, wenn gleichzeitig nach mehreren Defekten auf einem Teilebild gesucht wurde.
Verbesserung der Defekterkennung
Dies ist bezeichnend für die enormen Verbesserungen, die in den letzten Jahren beim maschinellen Lernen erzielt wurden. Früher musste ein KI-System von Grund auf trainiert werden, was Hunderte von Beispielbildern erforderte. Heutige Deep-Learning-Software ist oft vortrainiert, sodass die Benutzer nur noch einige Dutzend Bilder benötigen, um das System an ihre spezifische Anwendung anzupassen.
Das Ergebnis bei diesem OEM war eine Produktionslinie, die feine Defekte auf Leiterplatten genau erkennen konnte, ohne dass eine arbeitsintensive, manuelle Prüfung erforderlich war. Die KI-Funktionen boten eine zuverlässige Alternative zur regelbasierten Bildverarbeitung, die sich bei der Erkennung feiner Fehler als unzuverlässig erwiesen hatte.
Insgesamt konnte der OEM dank der Sapera-AI-Software von Teledyne sowohl die Genauigkeit als auch die Geschwindigkeit der Defekterkennung auf Leiterplatten verbessern, was es ihm ermöglichte, den Ausschuss zu reduzieren und gleichzeitig qualitativ hochwertigere Produkte zu liefern.
Ausblick
Heute erholt sich die Branche immer noch von der weltweiten Halbleiterknappheit, die im Jahr 2021 begonnen hat. Analysten sagen zwar voraus, dass fast 70 Prozent des Halbleiterwachstums in den nächsten zehn Jahren von nur drei Branchen getragen werden: der Automobilindustrie, der Datenverarbeitung und -speicherung sowie der drahtlosen Kommunikation, doch diese Branchen haben noch immer mit verpassten Produkteinführungen, verzögerten Markteinführungen und höheren Preisen zu kämpfen. Der Druck ist daher groß.
Autor
Bruno Ménard, Software Director bei Teledyne Dalsa