Automatisierung

Entwicklung und Fertigung robuster Custom HMI-Systeme

05.11.2019 -

Wie schafft man es, kundenspezifische Visualisierungssysteme günstig und schnell herzustellen? Das geht nur mit einem durchgängigen Plattformgedanken und einer Palette an vordefinierten Building Blocks. Wie man es macht, zeigt dieser Artikel anhand eines Custom-Panel-PCs basierend auf einem SMARC 2.0-Standardmodul und TFT Display mit Touch.

Es gibt viele Hersteller, die Industrierechner und Embedded-PCs mit integrierten Anzeigen als Standard HMI-System anbieten. Doch in vielen Fällen muss das Visualisierungssystem auf spezielle Anforderungen einer Anwendung optimiert werden, sodass nur eine kundenspezifisch entwickelte Lösung in Frage kommt. Bei einer Custom-Entwicklung lassen sich beispielsweise die Ausführung der benötigten Anschlüsse, die Kühlung des Systems, die Einbausituation des Gehäuses und die Erfüllung geforderter Schutzklassen berücksichtigen.

Anforderungen definieren

Industrielle Visualisierungssysteme bestehen aus einem Prozessormodul, einem kundenspezifischen Carrier Board bzw. Single Board Computer (SBC) und einem Display mit Touch, die in einem Gehäuse verbaut sind (Bild 1). Um die Anforderungen eines Custom HMI-Systems exakt zu definieren und eine optimale Lösung zu erarbeiten, muss  ein Hersteller alle Komponenten liefern können und viel Erfahrung in puncto Systemintegration mitbringen. Avnet Integrated ist als einer der führenden Hersteller von CPU-Plattformen und Anbieter von industriellen Displays und Touch-Lösungen bestens aufgestellt, um auf der Basis seines fundierten Know-hows kundenspezifische Anwendungen zu realisieren.

Vordefinierte Building Blocks

Für einen Industriekunden wurde von Avnet Integrated ein kundenspezifischer Panel PC mit 15,6 Zoll TFT Display und PCAP-Technologie entwickelt. Um das Projekt innerhalb kurzer Zeit und mit optimierten Kosten umzusetzen, stehen von Avnet Integrated unterschiedliche, bereits vordefinierte Building Blocks, die in ihren Leistungsdaten skalierbar sind, zur Verfügung. Das Baukastensystem umfasst standardisierte Computer-On-Module (COMs), Baseboards, Standard-Mainboards, moderne Speichermodule, Wireless-Lösungen, Displays mit oder ohne Touch-Technologie, flexiblen Industriegehäuse und Kühllösungen - alles aus einer Hand. Zusätzlich benötigte Komponenten werden kundenspezifisch entwickelt und kurzfristig bereitgestellt.
Die sofort einsetzbaren Embedded-Module werden von Avnet Integrated in unterschiedlichen Formfaktoren mit x86- oder ARM-Prozessortechnologien mit skalierbarer Performance in seinen Design Centern in Neufahrn bei München, Aachen, Stutensee und Freiburg entwickelt und in der hochautomatisierten Produktionsstätte in Stutensee gefertigt. Durch einen einfachen Modulaustausch ist ein Migrationspfad hin zu einer höheren Leistungsklasse möglich. Das Embedded-Modul wird über einen gängigen Standardstecker auf das Carrier Board, das alle anwendungsspezifischen Funktionen umfasst, gesteckt.

Standard-Plattform entscheidend

Besonders umfangreich ist das Angebot von Avnet Integrated an SMARC 2.0-Modulen, deren Prozessorleistung von i.MX6 ULL über i.MX8 bis E3900 skalierbar ist. Dank des breiten Produktportfolios lassen sich die unterschiedlichsten Anforderungen über eine einzige Standard-Plattform realisieren. Auch der als Beispiel ausgewählte Custom Panel PC integriert als Herzstück ein SMARC 2.0-Modul im Short Size-Format von 82 x 50 mm. Das MSC SM2S-AL Modul ist auf eine niedrige Verlustleistung von 7 bis 14 W bei gleichzeitig hoher Geschwindigkeit ausgelegt (Bild 2). Die kompakte Baugruppe integriert die Intel Atom-Prozessortechnologie E3900 (Codename “Apollo Lake”). Über die Schnittstellen DisplayPort++ und LVDS/embedded DisplayPort (eDP) lassen sich bis zu drei unabhängige Displays anschließen. Neben USB 3.0 / 2.0 bieten die Short Size-Module u.a. Gigabit Ethernet, PCI Express, SATA III und eine MIPI CSI-2-Kameraschnittstelle. Eine CAN-Schnittstelle wurde auf Kundenanforderung auf dem Custom Carrier Board implementiert.

Das passende Display

Eine weitere Kernkomponente intelligenter HMI -Systeme ist die Auswahl und Integration eines passenden Displays mit oder ohne Touchscreen. Custom-Lösungen lassen sich auf der Basis von vorkonfigurierten PCAP (projiziert-kapazitiven Touchscreen)-Sensoren, Touch Controllern und Cover Lenses in hoher Qualität einfach und schnell aufbauen. Ein hochpräziser Roboter positioniert und montiert im staubgeschützten Raum des Display-Montagebereichs das Frontglas mit höchster Genauigkeit in den Rahmen (Bild 3). Die Klebstoffmenge wird genau berechnet und exakt aufgetragen, um eine gute Qualität über die gesamte Laufzeit des HMI-Systems sicherzustellen.
Im Rahmen des System-Designs wird der mechanische Aufbau des Panel PCs festgelegt, der auch die Erarbeitung eines anwendungsspezifischen Kühlprinzips berücksichtigt. Die Optimierung der thermischen Systemauslegung spielt eine große Rolle, da die Bauteiletemperatur einen direkten Einfluss auf die Lebensdauer des HMI-Systems  hat. Als Faustformel gilt, dass sich bei einer Erhöhung der Bauteiletemperatur um 10 K die Lebensdauer halbiert. In Bild 4 ist die Temperatursimulation eines HMI-Systems bei einer Umgebungstemperatur von 60 °C und einer maximalen Leistung der Einzelkomponenten dargestellt. Durch einen intelligenten Systemaufbau, z.B. die optimale Platzierung des Prozessormoduls, lässt sich eine besonders niedrige Temperaturdifferenz vom Gehäuseinneren zur Außenwelt erreichen.

Thermosimulation vor der Prototypenphase

Treten im Betrieb des Visualisierungssystems relativ hohe Außentemperaturen auf, empfiehlt es sich, vor der Prototypenphase eine Thermosimulation durchzuführen. Bei der Thermosimulation kann das Temperaturverhalten des Endprodukts mit einer guten Genauigkeit vorhergesagt werden. Basierend auf diesen Ergebnissen lassen sich frühzeitig die passive Kühlung und das Lüftungskonzept optimieren. Die im System auftretenden Temperaturen und Strömungen können in einem 3D-Entwurfs einfach und anschaulich dargestellt werden. Avnet Integrated bietet aussagekräftige Thermosimulationen als zusätzlichen Service an.
Neben den Temperaturmessungen werden funktionalen Test des Geräts, eine Kompatibilitätsverifikation, optional EMV-Tests und eine Prüfung der elektrischen Sicherheit durchgeführt. Die EMV-Tests können neben Tests der Störbeeinflussung auch Messungen der Funkstörstrahlung, beispielsweise nach der geltenden europäischen Produktnorm für IT-Geräte, einschließen.
Der Custom Panel PC ist für den Einbau in eine komplette Großanlage vorgesehen. Der Front-Schutz entspricht der Schutzart IP54 für einen zuverlässigen Betrieb in der staubigen Atmosphäre einer Fabrikhalle. Das Rückteil kann als eigenständiger Box PC betrieben werden.
Das für die Industrie ausgelegte System muss im Betrieb robust und möglichst ohne Service-Einsatz zuverlässig im 24/7-Betrieb laufen. Deshalb sind die Anforderungen an Qualität, lange Lebensdauer und Langzeitverfügbarkeit besonders hoch. Alle verbauten Komponenten müssen langlebig ausgelegt und lange Zeit verfügbar sein, da die Industriemaschinen oftmals zehn bis zwanzig Jahre im Feld im Einsatz sind.

Die Vernetzbarkeit des Panel PCs

Um eine Minimierung von Ausfallzeiten durch Predictive Maintenance und eine Steigerung der Effizienz der Produktionsanlage zu erreichen, können die Maschinendaten und Wartungsinformationen in der Cloud gespeichert und bei Bedarf über ein Web Interface zur Verfügung gestellt werden. Ein wesentlicher Punkt ist deshalb die gute Vernetzbarkeit des Panel PCs mit weiteren Anlagen innerhalb eines Industrie-4.0-Umfeldes. Typische Einsatzgebiete für maßgeschneiderte HMI-Systeme sind Werkzeugmaschinen, Fertigungsanlagen, Robotersteuerungen, die Prozessautomatisierung und Maschinen für die Textilindustrie.
Die Kernkomponenten wie das Embedded-Modul und die Touch Display-Lösung werden von Avnet Integrated selbst entwickelt und gefertigt. Die Systemintegration aller Bauteile zu einem gesamten Custom Panel PC erfolgt im Avnet Integrated-Werk in Freiburg. In den letzten Jahren wurde weiter in Fertigungstechnologien und -anlagen investiert, um die Effizienz und die Produktivität kontinuierlich weiter zu steigern. Das auf einem SMARC 2.0-Modul basierende HMI-System wurde innerhalb kurzer Zeit und mit optimierten Kosten entwickelt und in die Serie übergeführt.

Kontakt:
Avnet EMG GmbH, Poing
Tel.: +49 8121 777 02
www.avnet-silica.com

Autor: Christian Lang, Senior Manager Embedded Solutions bei Avnet Integrated

Bild 1: Unterschiedliche Building Blocks für den schnellen Aufbau eines HMI-Systems

Bild 2: Das kompakte SMARC 2.0-Modul MSC SM2S-AL für Low Power-Anwendungen

Bild 3: Montage des Frontglases in den Display-Rahmen im staubgeschützten Raum

Bild 4: Beispiel für die Temperaturverteilung in einem HMI-System bei einer Umgebungstemperatur von 60 °C und einer Maximalleistung der Einzelkomponenten

 

Kontakt

Avnet EMG GmbH

Gruber Straße 60c
85586 Poing
Deutschland

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