Automatisierung

Im Interview: Peter Portner über Senseye, Spezialist für ­cloud-basierte Predictive-Maintenance-Software

24.06.2020 -

Peter Portner, Managing Director DACH, stellt im Interview das Unternehmen und die Idee hinter Senseye, Anbieter von Predictive-Maintenance-Software, vor und erklärt uns das cloudbasierte Softwaretool (SaaS) – SenseyePdM – zur automatisierten Überwachung von Maschinen/Assets für das Wartungs- und Instandhaltungspersonal.

Welche Personen und welche Idee steckt hinter Senseye?

Peter Portner: Senseye wurde im Jahr 2014 gegründet von Simon Kampa, CEO, Robert Russell, CTO, Alexander Hill, GCS, sowie Daniel Reid als CSA. Die Idee, Senseye zu gründen, entstand daraus, eine Softwarelösung zu entwickeln, die Zustandsüberwachung und Prognosen (Predictive Maintenance) nicht nur für definierte Maschinen, sogenannte Assets, liefert, sondern für jede Art von Maschine, die in der Industrie verwendet wird. Ziel war es, ein Werkzeug für den Endanwender in der Produktion zur besseren Entscheidungsfindung zu entwickeln.
Und genau mit dieser Aufgabenstellung im Hinterkopf wurde SenseyePdM entwickelt. Eine Software, die in ihrem Kern das Verständnis hat, dass es sich um eine skalierbare Lösung handeln muss, die unglaublich intuitiv und einfach zu bedienen ist. Zudem sollte die Lösung am Shopfloor auf jeglichem Endgerät darstellbar sein (PC, Laptop, Tablet, Telefon) und nur minimalen Support der lokalen Kunden-IT-Abteilung benötigen (man spricht auch in diesem Fall von einem Werkzeug der OS-Suite). Daraus entstand SenseyePdM, ein cloudbasiertes Softwaretool (SaaS) zur automatisierten Überwachung von Maschinen/Assets für das Wartungs- und Instandhaltungspersonal.

Predictive Maintenance ist branchen­übergreifend von Bedeutung. Welche ­Industriezweige adressieren Sie?

Peter Portner: Dadurch, dass die verwendeten KI- und ML-Algorithmen innerhalb von SenseyePdM asset- und maschinenunabhängig sind, können wir in allen Industriezweigen gleichermaßen erfolgreich eingesetzt werden. Dies spiegeln bereits unsere Kundenbasis und Implementierungsprojekte wider, welche vielfältige Arten von Industrien umfassen.

Werden die Zustandsdaten vorselektiert oder bewertet oder ist das Aufgabe des Anlagenbetreibers?

Peter Portner: Die Zustandsdaten, die wir benötigen, werden zusammen mit einem Team aus Condition-Monitoring-Experten von Senseye und dem Anlagenbetreiber ermittelt. Denn nur in Zusammenarbeit mit dem Anlagenbetreiber, der Experte für seine Maschine ist, können wir herausfinden, welche Daten wirklich von Bedeutung sind. Sollte zum Beispiel die Maschine aus Erfahrung des Anlagenbetreibers regelmäßig überhitzen, wären Sensordaten über die Temperatur ein wichtiger Faktor. Aber auch durch das Wissen aus unseren bisherigen Erfahrungen und das unserer CM-Experten können wir Aussagen darüber tätigen, welche Werte wichtig sind. Die Bewertung der Daten erfolgt gemeinsam mit dem Kunden und dem Senseye-Experten (intern: Stage 0) und ist Teil des Vertriebsprozesses.

Welche Voraussetzungen (Hardware) sind für die Implementierung Ihrer Lösung notwendig?

Peter Portner: Für diese Fragestellung hat Senseye den Senseys-Index entwickelt. Hiermit können wir den Reifegrad des Kunden ermitteln und mitteilen, wo noch Nachholbedarf besteht. Diese Ermittlung ist in fünf Stufen aufgeteilt:
Erfolgreiche Projekt bedingen, dass unsere Kunden adäquate Daten aus den verschiedenen Maschinen zur Verfügung stellen müssen. Dies kann jedoch erst erfolgen, wenn Kunden auf dem Sensyse-Index mindestens die Stufe 2 aufweisen. Das heißt, es sollten Sensor-/PLC-Daten verfügbar sein und in einem lokalen Datenspeicher abgelegt werden. Zur Übermittlung der Daten gibt es verschiedene Techniken, wie zum Beispiel Cloudtransfers, Dateitransfers bis hin zur technisch einfachsten Lösung, die zu übermittelnden Daten per CSV Dateien in einer Email an die Senseye-Cloud zu senden.

Wo liegen die Vorteile für den Anwender?

Peter Portner: Senseye PdM soll ein Entscheidungshilfe-Werkzeug sein, um dem Anwender auf einen Blick aufzuzeigen, auf welche Maschinen er seine Aufmerksamkeit lenken muss. Somit kann er seine Zeit auf die wirklichen Probleme verwenden und bei ermittelten Maschinen dadurch ungeplante Ausfallzeiten oder auch Überwartung minimieren. Gerade wenn es um Maschinendaten geht, bestehen enorme Sicherheitsbedenken.

Wie räumen Sie diese aus dem Weg?

Peter Portner: Die an Senseye übermittelten Daten sind reine Maschinen-Zustandsdaten in einer aggregierten und nicht hochfrequenten Form. Diese Daten sind Temperatur, Druck, Umdrehung, Stromspannung, Vibration etc., welche absolut keine Rückschlüsse über das produzierende Produkt ermöglichen. Aus diesen Daten können weder mögliche produzierte Stückzahlen des Endprodukts noch Prozessinformationen oder andere Daten abgeleitet werden.
Senseye nimmt die Datensicherheit sehr ernst und setzt durchgängig ähnliche Verfahren ein wie dies bei modernen Banking-Systemen (TLS 1.2 – AES 256) der Fall ist. Senseye wird von unabhängigen IT-Sicherheitsorganisationen regelmäßig getestet und überprüft. Zudem verpflichten sich alle Mitarbeiter zur Einhaltung strenger interner Sicherheitsrichtlinien, damit gewährleistet ist, dass vertrauliche Kundendaten unter Beachtung angemessener Sicherheits- und Sorgfaltsregeln verarbeitet werden. Senseye ist der Transparenz verpflichtet und stellt seinen Kunden sämtliche ihre Projekte betreffenden Analyseergebnisse und Berichte zur Verfügung.

Der Attention Index ist Ihre aktuelle ­Produkterweiterung. Durch welche Features soll dieser denn die Aufmerksamkeit der ­Kunden auf sich ziehen?

Peter Portner: Senseyes neuer Attention Index ist eine subtile Veränderung in der Art und Weise, wie wir die Ergebnisse unserer Software präsentieren und Feedback erhalten. Für unsere Anwender und Experten in der Instandhaltung ergeben sich daraus wesentliche Vorteil für die Vorhersage und Diagnose des Maschinenzustands. Senseye stellt den Nutzer in den Mittelpunkt und unterstützt diesen bei Problemerkennung auch ohne vorhandene umfangreiche historische Datensätze. Durch das Zusammenspiel von Algorithmen und dem Feedback der User lernt Senseye PdM und verbessert dadurch die Genauigkeit und Geschwindigkeit der Fehlererkennung.

Können Sie uns abschließend noch kurz ein, zwei erfolgreich realisierte Projekte umreißen?

Peter Portner: Ein Beispiel wäre Nissan. Hier sorgt Senseye für eine vorausschauende Wartung an mehreren globalen Produktionsstandorten, an denen Modelle wie der Qashqai, X-Trail, Leaf und Infiniti produziert werden. 10.000 vernetzte Anlagen und über 30 verschiedene Gerätetypen, darunter Roboter, Förderer, Hebebühnen, Pumpen, Motoren und Pressen/Stanzmaschinen, werden mit den von Senseye entwickelten Machine-Learning-Algorithmen überwacht. Mehr als 400 Instandhalter nutzen Senseye aktiv, um die Wartungsarbeiten zu optimieren und bereits ­Monate vor voraussichtlichen Maschinenausfällen Reparaturmaßnahmen durchzuführen.

Und die bislang erzielen Ergebnisse können sich sehen lassen:

  • mehrere Millionen Dollar Einsparungen durch Vermeidung ungeplanter Ausfallzeiten,
  • schnelle Kapitalrendite in weniger als drei Monaten,
  • zwei Wochen bis sechs Monate Frühwarnung vor Anlagenausfall,
  • jährliche Verbesserungen der Gesamtanlageneffektivität.

Als weiteren Anwender können wir Schneider Electric nennen. Das Unternehmen führte zunächst Analysen an der problembehafteten Maschine durch, um die Hauptursache für die Ausfälle zu ermitteln und den Maschinenzustand zu bewerten. Diese Analysen ergaben, dass die Probleme zum Teil auf den langen Zeitrahmen bis zum Austausch von Altteilen zurückzuführen waren. Um dem zu begegnen, begann Schneider Electric, Komponenten regelmäßig auszutauschen. Allerdings gingen nur 18 Prozent der ungeplanten Ausfallzeiten auf das Alter der Komponenten zurück.
Angesichts dessen installierte Schneider Electric Temperatur- und Stromsensoren, um das Verhalten der kritischen Maschine zu überwachen. Die von diesen Sensoren gelieferten Daten wurden in Aveva Insight gespeichert, dann an Senseye PdM weitergeleitet und anhand der historischen Daten vergleichend analysiert. Mithilfe von KI- und ML-Algorithmen, die auf den mechanischen Rahmenbedingungen basieren, konnte Senseye PdM die Wartungstechniker automatisch mit Warnmeldungen versorgen, bevor die Maschine ausfallen würde. So wurden beispielsweise die Maschinenbediener vor dem Ausfall einer Spindel oder Gegenspindel gewarnt, was die Gesamtanlageneffektivität (OEE) um sieben Punkte verbesserte.
Nach diesem Erfolg führt Schneider Electric jetzt Senseye PdM in seiner Global-Supply-Chain-Sparte ein. Die Lösung wird dort zur Überwachung verschiedener Anlagen wie Pumpen, Motoren und Förderbänder eingesetzt.

Kontakt

Senseye

Southampton Science Park
SO16 7NS Southampton

+49 711 22 95 45 74

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