Automatisierung

KI-Computer verbessern Sauberkeit in Städten

16.12.2019 -

Saubere Städte dank Künstlicher Intelligenz. Wie das funktioniert, zeigen ein Westschweizer Start-up-Unternehmen und die Embedded-Spezialisten von Syslogic – wir stellen die Lösung auf diesen Seiten vor.

Sauberkeit als Visitenkarte. Städte wollen attraktiv sein als Lebens- und Arbeitsraum. Die Sauberkeit hat entscheidenden Einfluss auf die Standortattraktivität – und damit auf die Stadtentwicklung. Entsprechend werden von Paris bis Tokyo beachtliche Ressourcen in die Stadtreinigung investiert. Doch beim Saubermachen gibt es großes Verbesserungspotenzial, wie das Westschweizer Start-up-Unternehmen Cortexia herausgefunden hat. Andréas von Kaenel, der Cortexia zusammen mit André Droux gegründet hat, sagt: „Oft wird da geputzt, wo es bereits sauber ist und nicht da, wo es nötig wäre.“ Die Reinigung fuße meist auf Erfahrung und Gewohnheit und nicht auf der tatsächlichen Verschmutzung, so von Kaenel.

Bevölkerung unzufrieden

Diese Erkenntnis gewann Cortexia aus einer Befragung, welche das Unternehmen in zehn europäischen Städten durchgeführt hat. Dabei hat sich zudem gezeigt, dass einige Städte überdurchschnittlich viel für die Reinigung ausgeben, die Bevölkerung mit der Sauberkeit aber dennoch unzufrieden ist.
Diesem Missstand sagt Cortexia den Kampf an. Das Unternehmen will die Sauberkeit von Städten verbessern und gleichzeitig Kosten und Umweltbelastung reduzieren. Erreicht wird das mit Machine Vision (Maschinelles Sehen) und Künstlicher Intelligenz (KI). Die Cortexia Lösung, die bereits in zahlreichen europäischen Städten erfolgreich eingesetzt wird, besteht aus einer Kamera, einem KI-fähigen Embedded Computer von Syslogic, aus KI-Algorithmen und aus einem webbasierten Kundeninterface.

KI-Computer erkennt Verschmutzungen an der Edge

Die Hardware, bestehend aus Kamera und KI-Computer, wird auf Fahrzeugen installiert, die sich regelmäßig in Städten bewegen. Das können Kommunalfahrzeuge sein, Fahrräder von Kurieren, Postdreiräder oder Busse. Die Kamera erfasst die Umgebung. Die Bilder werden nicht gespeichert, sondern unmittelbar mit der Cortexia Box verarbeitet. Verschmutzungsgrad und -art werden in Echtzeit ermittelt. Andréas von Kaenel sagt: «Für uns war von Anfang an klar, dass wir die Bildauswertung an der Edge vornehmen wollen.» Dies habe gegenüber der nachgelagerten Auswertung zwei entscheidende Vorteile, so von Kaenel. Einerseits würde das Datenvolumen klein gehalten und andererseits sei man in puncto Datenschutz auf der sicheren Seite, da keine Bilder aus dem öffentlichen Raum gespeichert würden.
Die gesammelten Bilder werden also in Echtzeit im Fahrzeug verarbeitet und ausgewertet. Dabei können die Fahrzeuge mit bis zu 50 km/h unterwegs sein. Sämtliche Verschmutzungen werden Kategorien zugeteilt. Je nach Kategorie werden Maßnahmen zur Entfernung vorgeschlagen. Städte können zudem Verschmutzungen definieren, seien es Spritzen, Glasscherben oder Exkremente, die sie sofort beseitigt haben wollen. Werden derartige Verschmutzungen vom System erfasst, wird ein Alarm ausgelöst. Die sofortige Entfernung kann in Auftrag gegeben werden, es wird ein Reinigungsteam an den entsprechenden Ort geschickt.

Große Unterstützung für Städte

Dieses Beispiel zeigt, dass Cortexia nicht nur die Sauberkeit einer Stadt misst. Vielmehr unterstützt das Unternehmen Städte maßgeblich dabei, die Sauberkeit und damit die Zufriedenheit der Bevölkerung zu verbessern. Auch Ergebnisse aus Befragungen fließen in die Cortexia Lösung ein. So können Verschmutzungsarten, welche von der Bevölkerung als besonders störend empfunden werden, prioritär entfernt werden.
Zudem lässt sich die Effektivität der Beseitigungs- oder Verhinderungsmethoden messen. Die Westschweizer Stadt Genf beispielsweise, hat aktuell eine breit angelegte Kampagne am Laufen. Darin wird die Bevölkerung dahin gehend sensibilisiert, dass weggeworfene Zigarettenstummel nicht nur dem Ansehen der Stadt, sondern auch der Umwelt schaden. Der Filter einer Zigarette enthält diverse Giftstoffe und diese gelangen über die Kanalisation ins Wasser. Die Kampagne hat zum Ziel, dass Raucher ihre Zigarettenstummel vermehrt ordnungsgemäß in Aschenbechern entsorgen, anstatt diese achtlos wegzuschmeißen.
Cortexia kann mit ihrem System nun genau messen, wie erfolgreich diese Kampagne ist. Auch die Wirksamkeit von zusätzlich aufgestellten Abfalleimern und Aschenbechern wird von Cortexia erfasst. Andréas von Kaenel sagt: «Die Städte haben sehr viele Werkzeuge, um die Sauberkeit in den Griff zu bekommen.» Bisher hätten sie aber keine Möglichkeit gehabt, die Effektivität der einzelnen Methoden zu messen.

Einsparpotenzial wird aufgezeigt

Mittels des webbasierten Kundeninterface von Cortexia haben Städte die Möglichkeit, in Echtzeit die Ist-Situation auf visualisierten Karten abzurufen. Darauf ist zu sehen, welche Straßen oder Quartiere wie stark verschmutzt sind und welche Gebiete zu sauber sind. Zu sauber? Ja, an zu sauberen Orten, wurden Ressourcen in die Reinigung investiert, die sich andernorts besser einsetzen ließen. Entsprechend ist Cortexia mit den erfassten Daten in der Lage, den Städten aufzuzeigen, wie die Situation verbessert werden kann. Daher, wie bestehende Ressourcen möglichst effektiv eingesetzt werden, wo Einsparpotenzial besteht oder wo zusätzliche Ressourcen sinnvoll wären. Cortexia steigert die Effektivität der Stadtreinigung deutlich. Pro Euro, den Städte bei Cortexia ins Monitoring investieren, lassen sich fünf Euro bei der Reinigung einsparen. Diesen Mittelwert hat die Auswertung der bisherigen Mandate ergeben. Durch die gesteigerte Effektivität wird zudem die Umweltbelastung reduziert. Unnötige Fahrten von Putzfahrzeugen werden verhindert und damit Emissionen reduziert. Wirkungslose Putzverfahren werden aufgedeckt und können künftig verhindert werden.

Industrielle Hardware ist gefragt

Während der Testphase hatte Cortexia mit Hilfe eines Ingenieurbüros erste Prototypen der Hardware konzipiert. Für die Serie hat sich Cortexia nach einem passenden Hardware-Lieferanten umgeschaut. Das Rennen gemacht haben die Embedded-Spezialisten von Syslogic. 
André Droux, der bei Cortexia mit einem Team von Ingenieuren und Informatikern die Produktentwicklung vorantreibt, sagt: „Wir haben ein Unternehmen gesucht, das uns robuste, kompakte und KI-fähige Computer liefert.“ Syslogic habe bei der Evaluation mit ihren kompromisslos industriellen Embedded Computern überzeugt und habe zudem bereits fundiertes Inhouse-Know-how betreffend KI-Computing vorweisen können, so Droux. Mit Syslogic habe Cortexia nicht nur einen Hardware-Lieferanten, sondern viel mehr einen Entwicklungspartner gewonnen.
Innert weniger Monate hat Syslogic in enger Zusammenarbeit mit Cortexia ein komplett neues Gerät entwickelt. Syslogic ist eines von wenigen europäischen Unternehmen, welches selbst Embedded Systeme entwickelt und fertigt. Das Unternehmen hat bereits bei früheren Projekten Erfahrungen mit KI-fähigen Embedded Computern gesammelt. Diese Erfahrungen sind in die Entwicklung des Cortexia Gerätes eigeflossen. Als Prozessorplattform kommt ein Jetson-Xavier-Modul der KI-Vorreiterin Nvidia zum Einsatz. Für Cortexia hat Syslogic ein komplett neues Board- und Gehäuse-Design realisiert. Der KI Computer verfügt über zwei PoE-taugliche (Power over Ethernet) LAN-Schnittstellen. Dadurch lassen sich Kameras ohne zusätzliche Speisung am Gerät anschließen. Weiter integriert Syslogic im Cortexia Gerät LTE-, WiFi- und GPS-Funktionen.

KI auf unterschiedlichen Fahrzeugen

Besonderes Augenmerk wurde bei den KI Computern auf die Robustheit gelegt. André Droux erklärt: „Unsere Lösung kommt weltweit zum Einsatz. Teilweise wird die Hardware in Kommunalfahrzeugen montiert, teilweise auf Fahr- oder Motorrädern.“ Entsprechend müssten die KI-Computer unter sehr unterschiedlichen Voraussetzungen zuverlässig funktionieren, so Droux.
Das Industriedesign zeichnet sich nicht nur durch ein robustes Gehäuse mit IP67-Schutz aus, sondern auch durch ein ultrarobustes Elektronikdesign.
Auf bewegliche Teile wie anfällige Lüfter verzichtet Syslogic. Der KI-Computer wird dank ausgeklügeltem Gehäusedesign passiv gekühlt. Als Speichermedien kommen SSD-Karten (Solid State Drive) von Cactus Technologies zum Einsatz. Diese gehören zu den weltweit robustesten Speicherlösungen.

Sauberkeitsmessung und -verbesserung

Cortexia hat bereits Aufträge von verschiedenen europäischen Städten erhalten, darunter Athen, Asti, Paris, Lyon, Toulouse, Zürich und Genf. Zudem ist Cortexia Partnerschaften mit Postunternehmen eingegangen, da sich Postfahrzeuge ideal zur Bestückung mit der Cortexia Box eignen. Ein weiterer Meilenstein in der noch jungen Unternehmensgeschichte ist die Auszeichnung mit dem French IoT Award in der Kategorie Smart City. Dank dieser Auszeichnung wurde Cortexia an die Fachmesse CES in Las Vegas eingeladen und durfte dort ihre Lösung präsentieren.

Andréas von Kaenel sagt: „Das Interesse in den USA war sehr groß und viele Besucher haben bereits neue Einsatzgebiete für unsere Lösung gesehen, etwa die Zustandsbeurteilung von Straßenmarkierungen.“ Das seien durchaus interessante Inputs, sagt von Kaenel, die man bei Cortexia sicher im Hinterkopf behalten würde. Doch zuerst wolle man mit der Sauberkeitsmessung und -verbesserung durchstarten und in diesem Bereich den weltweiten Spitzenplatz einnehmen, so von Kaenel.
An die großen Pläne von Cortexia glaubt auch die Hardware-Partnerin Syslogic. Florian Egger, der bei Syslogic den Vertrieb leitet, sagt: „Es ist unglaublich, was Cortexia in sehr kurzer Zeit bereits erreicht hat.“ Auch die Zusammenarbeit zwischen Cortexia und Syslogic sei sehr dynamisch und habe innert kürzester Zeit Früchte getragen, so Egger. Entsprechend freut man sich bei Syslogic, dass man mit den KI-Computern einen Anteil zu sauberen Städten beitragen kann. Egger sagt: „Cortexia zeigt auf, wie sich sowohl Wirtschaftlichkeit als auch die Umweltverträglichkeit durch KI verbessern lassen.“

Kontakt

Syslogic GmbH

Weilheimer Straße 40
79761 Waldshut-Tiengen

+49 7741 967 0

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