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Mit Bewegungssystemen die Taktraten in der Medizintechnik erhöhen

28.10.2022 - Durchsätze in hochpräzisen Fertigungsprozessen zu steigern verlangt in der Medizintechnik viel Feingefühl, da sich diese häufig im Mikrometerbereich bewegt.

Laserschweiß- und Schneidelösungen sowie dazu passende Bewegungssysteme und -komponenten können den Durchsatz um das Zwei- bis Fünffache erhöhen. Wie lässt sich dies jedoch in der Praxis gänzlich ohne Qualitäts­einbußen realisieren, insbesondere in der Medizintechnik? Der Business Development Manager des Herstellers erläutert die wesentlichen Konstruktions- und Steuerungsprinzipien, mit denen sich dies erreichen lässt.

Wo gefertigt wird, ist klar: Wer seinen Durchsatz erhöhen will, muss die Produktionsgeschwindigkeit insgesamt erhöhen und zugleich Qualitätsverluste vermeiden. Die Medizintechnik nimmt hier allerdings eine Sonderstellung ein: Nicht nur gelten in der Branche besonders strenge Normen und Qualitätsanforderungen. Gefertigt wird häufig im Mikrometerbereich wie bei der Katheder- oder Stent-Herstellung. Der Durchsatz ist hier also eher relativ zu betrachten, steht er doch stets im Verhältnis zu den Qualitätszielen.

Welches Maß an Präzision verlangt demnach die Fertigung? Diese Frage gilt es zunächst individuell zu klären. Aus der Antwort ergeben sich dann die möglichen Zykluszeiten und Durchsätze für die im Einsatz befindlichen Maschinen und Anlagen.

1. Ansatzpunkt für schnellere Prozesse: Konstruktion und Steuerung

Regel 1: Je höher der Grad an Automatisierung desto höher auch die Durchsätze. Schon deshalb, weil automatisierte Prozesses weniger fehleranfällig sind. Wer also Prozesse optimieren und einen hohen Durchsatz erreichen will, sollte bei der Maschinenkonstruktion und -steuerung ansetzen.

Welche Vorrausetzungen die Maschinensteuerung erfüllen muss und welche Komponenten und Antriebselemente dafür gewählt werden sollten, bemisst sich dabei ausschließlich am jeweiligen Prozess. „Nur derjenige, der die grundlegenden Prinzipien hinter den einzelnen Schritten versteht und weiß, was er seiner Maschine bei der geforderten Qualität zumuten kann, findet auch die optimale Zykluszeit für seinen Fertigungsprozess“, erklärt William Land, Business Development Manager bei Aerotech.

Ausschlaggebend für die Maschinenleistung sind somit die für die Konstruktion verwendeten Bauteile und Komponenten. Gleichzeitig müssen diese aber auch der Qualität der zu fertigenden Medizintechnikteile sowie den Anforderungen an deren Herstellung entsprechen.

Mögliche Fehlerquellen: Verarbeitungs- und Tracking-Fehler

Zulässige Abweichungen, sprich Toleranzen, sind in der Regel bereits festgelegt, egal, ob es sich dabei um einen Herzschrittmacher, einen Stent oder ein Kunststoffspritzgussteil handelt. Im Fertigungsprozess selbst können zwei Fehlerquellen auftreten: Verarbeitungs- und Tracking-Fehler. Verarbeitungsfehler entstehen hauptsächlich aus der Wechselwirkung von Werkzeug und Material. Tracking-Fehler lassen sich in zwei Kategorien unterteilen: Einerseits entstehen Fehler, wenn das Bewegungssteuerungssystem die Maschine nicht auf dem gewünschten Kurs hält, andererseits können sogenannte unsichtbare Fehler auftreten, beispielsweise Vibrationen, Erschütterungen oder gar Verbiegungen von Maschinenelementen, die von der Steuerung unentdeckt bleiben, da es keinen Rückkopplungsmechanismus gibt, der fehlerhafte Elemente während des Prozesses ausweist.

Schwingungen und Biegemomente werden sich im fertigen Bauteil natürlich bemerkbar machen. Und allein anhand der Messung ist es leider kaum möglich, festzustellen, was genau den Formfehler verursacht hat. „Wir von Aerotech haben uns deshalb schon seit vielen Jahren auf diese unsichtbaren Fehler spezialisiert und daraufhin Konstruktionsprinzipien entwickelt, die diese weitestgehend minimieren“, erklärt Land. „Gleichzeitig geben wir unseren Anwendern Möglichkeiten an die Hand, wie sie die beiden angesprochenen Fehlerquellen aufspüren und beheben können. Wenn die Maschine weniger vibriert oder sich verbiegt, kann sie am Ende auch mehr leisten und erzeugt gleichzeitig mehr Qualität, weil sie präziser arbeitet.“

Erhöhung der Steifigkeit verringert Fehlerrisiko

Eines der wichtigsten Ziele bei der Konstruktion einer schnellen Maschine ist eine möglichst hohe Steifigkeit. Das meint im Wesentlichen den Widerstand gegen Biegung oder eingespeiste Trägheitsenergie. Ist die Steifigkeit besonders hoch, erhöht sich auch die Reaktionsfähigkeit der Maschine auf Steuersignale. Gleichzeitig verbessert sich die Bandbreite und Dynamik, bei der Krafterzeugung durch die Motoren, damit diese auch schneller reagieren können. Und letztlich sorgt eine höhere Steifigkeit für weniger Vibrationen im Maschinenaufbau. Je höher also die Maschinensteifigkeit ist, desto besser wirkt sie sich auf die einzelnen Fehlerquellen aus.

In der Finiten-Elemente-Methode kennt man den Ansatz, dass alle Strukturkomponenten der Maschine als Feder-Masse-System betrachtet werden und sich die Gesamtsteifigkeit als Summe der Steifigkeiten der Strukturkomponenten ergibt. Dabei ist es wichtig, dass jedes seriell hinzugefügte Feder-Masse-System die Steifigkeit der Maschine reduziert. Parallel hinzugefügte Elemente hingegen erhöhen die Maschinensteifigkeit. Nach dem Newtonschen Prinzip „Actio = Reactio“ erzeugt jede Kraft eine gleichgroße Gegenkraft. Die Kräfte, die in die Maschine eingeleitet werden, erzeugen eine Gegenkraft, die durch die Verankerung der Maschine mit dem Boden absorbiert wird. Eine hohe Maschinensteifigkeit erfordert also möglichst wenige serielle Strukturelemente. Tragende Strukturelemente sollten als Federn in Parallelschaltung angeordnet werden. „Ordnet man die Maschinenkonstruktion parallel und möglichst flach an, führt das, beispielsweise bei unseren Laser-Stent-Schneid­systemen, zu einer sehr hohen Steifigkeit“, erläutert Land anhand des ­Aerotech-Produktportfolios.

Die Wahl der passenden Bewegungssteuerung

Dabei ist die Frage entscheidend, wie schnell die Maschinensteuerung den Strom zu den Motoren erhöhen und liefern kann. Die Höhe des dynamischen Nachlauffehlers des Maschinensystems ist im Wesentlichen proportional zur Bandbreite des Befehlssignals und der Beschleunigung. Wenn die Maschine etwa eine Bandbreite von 1.000 Hz hat, der gewünschte Befehl aber ein approximiertes Signal von Sinuswellen mit 1.500 Hz einfordert, dann wird die Maschine zwangsläufig einen dynamischen Schleppfehler produzieren. Dieser verhält sich proportional zu den Spektralbefehlen, die über die Systembandbreite hinaus verlangt wurden.

Das Befehlssignal muss deshalb so beschaffen sein, dass es nur Spektralinhalte enthält, auf die das System reagieren kann. „So kann die Bewegung dann im Idealfall mit einem Nachführfehler von Null durchgeführt werden“, schlussfolgert Land. „Wenn man ein gewünschtes Fehlerziel hat und die Systembandbreite kennt, dann sollte man auch in der Lage sein, festzustellen, wie viel Beschleunigung von einer Maschine verlangt wird, ohne das veranschlagte Fehlerziel zu überschreiten.“

Für jede Achse könnte der Beschleunigungsgrenzwert individuell nach Bandbreite festgelegt werden. Beim Schweißen des Schrittmachers gibt es eine koordinierte Beschleunigung, bei der sich zwei Achsen sehr schnell bewegen, um die Naht außen herum zu schweißen. Die Beschleunigung, die an die Steuerung gesendet wird, ist die Summe der Quadratwurzel der Beschleunigung beider Achsen. Land präzisiert: „Es lässt sich also eine individuelle Rampenrate für die koordinierte Beschleunigung einstellen, sodass die Beschleunigung auf zwei, drei oder auch vier Achsen im Raum aufgeteilt wird.“

Laserscannen ohne Stitching

Um beim Laserscannen den Durchsatz und gleichzeitig die Qualität zu erhöhen, kommen beispielsweise Multi-Scanner-Systeme mit IFOV-Controller (Infinite Field of View = Öffnungswinkel) von Aerotech zum Einsatz. Diese ermöglichen eine komplexe, großflächige und dynamische Laserbearbeitung zwischen mehreren Achsen und eine Sichtfelderweiterung ohne das bekannte Stitching. Die praxisbewährte IFOV-Funktion erhöht Strukturgenauigkeiten und trägt allgemein zur generellen Fehlervermeidung bei. Indem lineare oder rotierende Servoachsen mit Laserscannern synchronisiert werden, verbessert IFOV den Durchsatz, eliminiert Nahtfehler sowie Probleme mit der Teilequalität, die durch eine überlappende und nicht angepasste ­Laserbearbeitung entstehen. Durch die Kombination der dynamischen Fähigkeiten von Galvoscannern mit dem Verfahrbereich von Servotischen lassen sich Teile, die deutlich größer sind als das herkömmliche Sichtfeld eines Scanners, kontinuierlich bearbeiten, ohne dass einzelne Arbeitsbereiche zusammengefügt werden müssen.

 

Autor
Ralf Haaßengier
Inhaber von PRX Agentur für Public Relations

 

Kontakt

Aerotech GmbH

Gustav-Weißkopf-Str. 18
90768 Fürth

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