Automatisierung

Piezo-Messketten effizient prüfen

Wie ein portabler Sensorsimulator hilft, Fehler im Messaufbau zu finden

22.06.2020 -

Einige Messanwendungen mit Piezo-basierten Aufnehmern erfordern – meist aufgrund widriger Umgebungsbedingungen – die Verwendung externer Ladungsverstärker. Derartige Messketten sind komplex und damit fehleranfällig. Ein portabler Sensorsimulator bietet die hier notwendige Unterstützung beim Messaufbau und bei der Fehlersuche.

Piezoelektrische Messaufnehmer sind im industriellen Umfeld weit verbreitet: Sie werden universell zum Beispiel zur Messung von Druckschwankungen, Beschleunigungen oder Kräften eingesetzt. Das Messprinzip beruht hierbei darauf, dass elastische Verformungen in piezoelektrischen Materialen eine interne Ladungsverschiebung hervorrufen. Diese ist proportional zur auf das Material wirkenden Kraft oder Beschleunigung und wird als Ladungssignal (Q) mit Hilfe zweier Elektroden abgegriffen. Dieses hochohmige Q-Signal ist anfällig für Störungen, etwa durch elektromagnetische Felder, und sollte daher möglichst nicht über weite Strecken übertragen werden. Aus diesem Grund sind in den meisten piezoelektrischen Sensoren Vorverstärker mit eingebaut, welche das Q-Signal direkt in ein niederohmiges Spannungssignal (U) umwandeln. Dieses neue Signal kann anschließend problemlos über weite Strecken übertragen werden. Derartige Aufnehmer werden als IEPE-Aufnehmer bezeichnet und gehören zum industriellen Standard.
Für einige Anwendungen muss jedoch auf externe Ladungsverstärker zurückgegriffen werden. Im Wesentlichen gibt es hierfür zwei Gründe. Erstens: Der Sensor wird in einer Umgebung installiert, in welcher der integrierte Vorverstärker aufgrund zum Beispiel hoher Temperaturen, Gammastrahlen oder starker mechanischer Belastungen nicht betrieben werden kann. Zweitens: Die Anwendung erfordert einen sehr großen oder flexiblen Dynamikbereich. Die für diese beiden Einsatzfälle notwendigen externen Ladungsverstärker führen zu komplexen Messaufbauten und damit auch zu einer erhöhten Fehleranfälligkeit.
Mögliche Fehler sind hierbei: Die Notwendigkeit das Ladungssignal zu einem externen Ladungsverstärker zu leiten, kann zu einer unerwünschten Beeinflussung des Signals führen. Des Weiteren erfordern einige Anwendungen eine definierte Polarität des Sensorsignals. Werden die Pole falsch herum verdrahtet, kann dies zu Fehlinterpretationen des Signals führen. Zuletzt kann es speziell beim Anschluss mehrerer Sensoren schnell zu Vertauschungen bei Verdrahtungen kommen. Die genannten Fehler mögen teils trivial klingen, sie in der Praxis zu vermeiden und zu finden ist es erfahrungsgemäß nicht.
Eine etablierte Technik zur Fehlersuche und -analyse basiert auf dem Einsatz eines Sensorsimulators. Ein derartiges Gerät wird, wie in Abbildung 1 gezeigt, anstelle des Sensors an die Messkette angeschlossen und erzeugt klar definierte Ladungssignale. Es wird daher auch als Ladungs-Signalgenerator (LSG) bezeichnet.

Vier Anwendungsszenarien

Im Folgenden werden die vier gängigen und in Abbildung 2 abgebildeten Anwendungsszenarien zur Überprüfung von Messketten vorgestellt. Es wird hierbei jeweils, wie in Abbildung 1 dargestellt, der LSG anstelle des Sensors angeschlossen.

Szenario 1: Kalibrierung der Messkette
Ziel ist es, die Kalibrierung der gesamten Messkette (ohne Sensor) zu überprüfen. Der Prozess der Kalibrierung hat generell das Ziel, eine möglichst gute Übereinstimmung zwischen Messgröße und Messwert zu erreichen. Daher wird mit Hilfe eines LSG ein Signal definierter Amplitude und Frequenz in die Messkette eingespeist. Die Amplitude wird hierbei so gewählt, dass sie einem typischen Wert der Messgröße entspricht, also zum Beispiel 1,0 g für einen Beschleunigungsaufnehmer. Am anderen Ende der Messkette – hier dargestellt durch einen Laptop – sollten dann ebenfalls eine Amplitude von 1,0 g sowie die eingestellte Frequenz angezeigt werden. Ist dies für eine Reihe an typischen Eingangssignalen sichergestellt, so kann später das im realen Einsatz erzielte Messergebnis als plausibel angenommen werden. Bei dieser Anwendung ist es wichtig, auf einen kalibrierten LSG zurückzugreifen.

Szenario 2: Signalpfadverfolgung und Fehlersuche
Ziel ist hier die Überprüfung der Signalpfade. Dies geschieht entweder, um einen vorhandenen Fehler aufzuspüren oder die Messkette vor der ersten Inbetriebnahme bzw. nach einem Umbau zu überprüfen. Hierzu wird der LSG an verschiedenen Stellen innerhalb der Messkette angeschlossen. Für die Teile der Messkette – aus Sensorsicht – nach dem Ladungsverstärker muss auf einen Spannungs- anstatt auf einen Ladungsausgang zurückgegriffen werden. Geeignete Geräte bieten daher beide Ausgangssignale. Für jede Einbaustelle wird ausgewertet wie sich das Signal am Messgerät verändert: Wird es schwächer? Treten Störungen auf?  Da die Analyse hier vergleichend ist, muss der LSG nicht zwingend kalibriert sein. Tastet man sich entlang der Kette vom Sensor in Richtung des Messgeräts, spricht man von einer Vorwärtsanalyse, bei umgekehrter Richtung, von einer Rückwärtsanalyse. Auf diese Weise lassen sich falsche bzw. schlechte Verdrahtungen oder fehlerhafte Bauteile systematisch auffinden und deren Einfluss auf das Messergebnis bewerten.

Szenario 3: Überprüfung der Polarität
Für bestimmte Anwendungen ist die Polarität des Sensorsignals von großer Bedeutung, zum Beispiel bei einer Modalanalyse. Die korrekte Polarität kann effizient mit Hilfe eines asymmetrischen Signals festgestellt werden, also zum Beispiel ein Signal, welches nur die positiven Ausschläge einer Sinusschwingung beinhaltet. Werden, wie in Abbildung 2 dargestellt, die positiven „Höcker“ des Signals im Messsystem falsch herum dargestellt, muss an irgendeiner Stelle der Messkette eine fehlerhafte Verdrahtung vorliegen. Deren Position kann anschließend wie in Szenario 2 beschrieben eingegrenzt werden.

Szenario 4: Übertragungsverhalten der Messkette bestimmen
Das Übertragungsverhalten einer Messkette ist im Allgemeinen frequenzabhängig. Dies bedeutet, dass ein harmonisches Signal je nach Frequenz entlang der Messkette unterschiedlich stark verstärkt/gedämpft bzw. phasenverschoben wird. Hierüber gibt die Transferfunktion der Kette Auskunft, welche die Verstärkung/Dämpfung (Gain) und die Phasenverschiebung (Phase) des Ausgangssignals relativ zum Eingang frequenzabhängig darstellt. Um sie für einzelne Frequenzen auszuwerten, wird ein harmonisches Ladungssignal (Q) mit definierter Frequenz in die Messkette eingespeist. Parallel dazu wird ein zum Q-Signal synchrones Spannungssignal gleicher Frequenz an der Messkette vorbei, direkt in das Messgerät eingeleitet. Dieses Spannungssignal stellt die von der Messkette unbeeinflusste Referenz dar. Aus beiden Signalen kann dann der Wert der Transferfunktionen für die vorliegende Frequenz berechnet werden. Wird dies für mehrere Frequenzen wiederholt, erhält man einen Eindruck über das frequenzabhängige Übertragungsverhalten der Messkette, also deren Frequenzgang.

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