Bildverarbeitung

„Single Pair Ethernet spart Platz, ­Kupfer und Kosten“

01.03.2023 - Interview mit Tim Kindermann, Produktmanager für Datensteckverbinder bei Phoenix Contact

Single Pair Ethernet (SPE) hält mit den sehr kompakten Steckverbindern und dünnen Kabeln Einzug in die Bildverarbeitung. Auf der SPS in Nürnberg hat sich die inspect mit Tim Kindermann, Produktmanager für Datensteckverbinder bei Phoenix Contact, über Nutzen und Potenziale von SPE für die Bildverarbeitung unterhalten. Gerade in der Embedded Vision spart die Technologie die Hälfte an Bauraum im Vergleich zu RJ45 Steckverbindern. Aber auch in bestehenden Anwendungen verspricht sie eine günstigere und robustere Datenkommunikation.

inspect: Phoenix Contact als Anbieter von Kommunikations- und Steuerungslösungen ist eigentlich in allen Branchen aktiv. Warum aber ist speziell auch die Bildverarbeitung für Sie interessant?

Tim Kindermann: Weil sie eine Schlüsseltechnologie für die Industrie 4.0 ist, das IIOT. So wird Bildverarbeitung im ganzen Fertigungsprozess eingesetzt, wo sie diesen in Echtzeit überwacht und wovon dann natürlich auch Qualitätsmaßnahmen frühzeitig abgeleitet werden können. Das erhöht die Qualität und Effizienz gleichermaßen. Und deshalb ist auch die Bildverarbeitung bei uns ein wachsender Markt, auch im Bereich der Fabrikautomation, wo wir ja eigentlich ursprünglich herkommen und wo eigentlich der Hauptfokus unserer Produkte liegt.

inspect: Von welchen Produkten sprechen wir da konkret?

Kindermann: Das sind für uns hauptsächlich die Datensteckverbinder. Wir haben natürlich auch einen Fokus auf den industriellen Bereich, das heißt, wir haben klassische Datensteckverbinder, wie zum Beispiel RJ45, USB und HDMI in robusten Ausführungen. Wir haben aber auch die geschützten Steckverbinder, das heißt, Rundsteckverbinder in M8 oder M12, die dann auch in der Bildverarbeitung zum Einsatz kommen und die auch nochmal einen größeren Schutz bieten im rauen Industrieumfeld, die aber auch höhere Datenübertragungs­raten ermöglichen, was natürlich ebenfalls für die Bildverarbeitung relevant ist. 

inspect: Von welchen Übertragungsraten reden wir da?

Kindermann: In der Fabrikautomation liegt die Datenübertragungsrate im Bereich von 100 Mbit/s. Das geht aber hoch bis hin zu 10 G­bit/s für hochperformante Anwendungen.

inspect: Wer sind ihre Kunden im Bereich der Bildverarbeitung? Oder anders: Was wären die ersten Anwendungen, die passen würden?

Kindermann: Hauptsächlich werden es bei uns die Gerätehersteller, die unsere Steckverbinder auf die Leiterplatte löten. Aber natürlich auch die Systemintegratoren sowie die Maschinen- und Anlagenbauer, die unter anderem die Verkabelung realisieren müssen und die dann auch auf Produkte wie Patchkabel oder auch feldkonfektionierte Steckverbinder zurückgreifen.

inspect: Sie haben auf der SPS in Nürnberg eine Demoanwendung mit Single Pair Ethernet gezeigt. Welchen Vorteil hat das für die Integratoren und Anwender?

Kindermann: Ich glaube, ein Hauptvorteil von SPE ist die Reduzierung der Adernpaare von vier auf nur noch ein Paar beziehungsweise zwei Adern. Das spart zum einen Platz; zum anderen aber auch Kosten, weil ich für ein zweiadriges Ethernet-Kabel weniger Kupfer als für einen vier- oder achtadriges Kabel brauche. Und das soll langfristig natürlich auch den Endanwendern Kostenvorteile bringen. 

Zudem bietet Single Pair Ethernet auch die Möglichkeit, unterschiedliche Standards mit langen Übertragungswegen zu realisieren. Die Bandbreite reicht von 15 Metern bis 1 Kilometer, und Datenübertragungsraten von 10 Mbit/s bis 100 Gbit/s. Letzteres ist allerdings eher für den Automotive-Bereich interessant. Derzeit bewegen wir uns bei den Standards im Bereich zwischen 10 Mbit/s und 1 Gbit/s. Jedenfalls ist das aktuell am relevantesten. 

inspect: Also das heißt, 100 Gigabit wären heute bereits möglich?

Kindermann: In sehr naher Zukunft, denn aus Standardisierungssicht ist hier bereits mit einer Fertigstellung in 2023 zu rechnen. Man muss allerdings sagen, dass bei den Standards mit hohen Datenübertragungsraten in Richtung 100 Gigabit die Reichweite sehr begrenzt ist. Das heißt, da kommt man auf circa 10 Meter Reichweite, die man dann realisieren kann. Das eignet sich dann für spezielle Anwendungen, etwa im Automobil.
Bei einer Reichweite von 1 Kilometer ist die Datenübertragung der SPE Standards auf 10 MBit/s limitiert. Wenn man 100 MBit/s bis 1 GBit/s übertragen möchte, bietet SPE aktuell 40 Meter Reichweite. 
Es gibt aber aktuell einen neuen Standard, der da entwickelt wird. Der soll die Reichweite dann bei 100 Mbit/s auf 500 Meter erhöhen. Auch das übrigens ohne Einsatz von Repeatern, sondern direkt von Gerät zu Gerät. Dann wird es auch für Kunden interessant, die bestehende Applikationen haben zum Beispiel mit 100 Mbit/s mit 100 Meter Reichweite. Die können das Ganze dann mit SPE erweitern. Dadurch sparen sie sich nicht nur Platz oder Kosten bei der Verkabelung, sondern können ihre Ethernetkommunikation auch noch ausdehnen.

inspect: Wann soll der neue Standard released werden?

Kindermann: Voraussichtlich 2024, dann können erste Geräte mit dem Standard entwickelt werden.

inspect: Welche Vorteile bieten SPE-Steckverbinder für die Embedded Vision, im Vergleich zur RJ45 zum Beispiel?

Kindermann: Mit SPE können Sie die Packungsdichte auf dem Gerät verdoppeln. Das heißt, dort, wo klassischerweise ein RJ45-Steckverbinder platziert werden konnte, passen jetzt zwei Single Pair Ehernet Ports des Standards IEC 63171-2. Das heißt umgekehrt auch, dass man die Geräte mit der gleichen Funktionalität kleiner bauen kann. Das spart dann auch noch Gewicht, was bei dynamischen Anwendungen zusätzliche Vorteile hat. 

inspect: Haben Sie bestimmte Meilensteine für Ihr Geschäft mit der Bildverarbeitungsbranche?

Kindermann: Insgesamt ist das für uns ein wichtiger Markt und man sieht es ja auch an diversen Studien, dass die industrielle Kommunikation in den letzten Jahren deutlich Fahrt aufgenommen hat. Wir haben ein Wachstum von neuen industriellen Kommunikationsknoten innerhalb der letzten sieben Jahre von 38 Prozent und ein 30-prozentiges Wachstum an Industrieknoten und da zählen natürlich auch Bildverarbeitungsprodukte mit. In diesem Zusammenhang ist für uns auch das Thema Industrie 4.0 immer wichtiger, wie ich eingangs schon mal sagte. Und ich glaube, diesen Mehrwert, den haben wir auch in Bezug auf unsere Anschlusstechnik. Daher ist es für uns ein wichtiger Markt, den wir konstant ausbauen möchten. Aber konkrete Ziele haben wir uns nicht gesetzt. Stattdessen versuchen wir das Thema ganzheitlich zu betrachten. Also industrielle Kommunikation in der Bildverarbeitung. 

inspect: Welche Produktneuheiten haben Sie in petto?

Kindermann: Wir haben ein breites Portfolio im Bereich Single-Pair-Ethernet-Steckverbinder: Wir haben für Applikationen aus dem Bereich der Fabrikautomation Steckverbinder in der Schutzart IP20 nach dem IEC 63171-2 Standard und M8 sowie M12 Steckverbinder in der Schutzart IP65/67 nach dem IEC 63171-5 Standard für SPE Steckverbinder. Das wollen wir natürlich zeigen. Wir wollen aber auch die Aktivkomponenten in den Vordergrund stellen. Auch da verfolgen wir einen ganzheitlichen Ansatz und haben beispielsweise erste SPE-Switches. Das heißt, damit können Gerätehersteller, Integratoren und Anwender erste SPE-Applikationen aufbauen. Aktuell arbeiten wir daran, unser Portfolio weiter auszubauen.

Kontakt

Phoenix Contact GmbH & Co.KG

Flachsmarktstr. 8
32825 Blomberg
Nordrhein-Westfalen, Deutschland

+49 5235 341 713
+49 5235 341 825

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