Automatisierung

Zykloidgetriebe im Antriebsstrang von Tauchrobotern

27.08.2020 -

Die Inspektion von Lagertanks und Schiffsrümpfen ist aufwendig, kostspielig und noch immer fast ausschließlich Handarbeit. Innospection, Anbieter für die zerstörungsfreie Prüfung in der Öl- und Gasindustrie, entwickelt aktuell zwei Inspektionsroboter, die eine vollautomatische
Überprüfung ermöglichen sollen. Im Antriebsstrang setzen die Prüfspezialisten auf Zykloidgetriebe.

Damit Kerosin, Rohbenzin, Diesel und Co. nicht auslaufen, müssen Lagertanks in der Öl- und Gasindustrie regelmäßig auf Korrosion, Risse und andere Schäden überprüft werden. Während die Wände von außen zugänglich und damit relativ leicht zu untersuchen sind, ist die Inspektion der Bodenplatte eine Herausforderung. „Um den Tankboden kontrollieren zu können, muss der Betrieb komplett gestoppt, der Tank vollständig entleert und gereinigt werden“, erklärt Stefan Grabert von Innospection Germany. „Das ist aufwendig, langwierig und teuer.“ Bis dato übernehmen Menschen diese Tätigkeit. Ziel ist es, sie in Zukunft durch Roboter zu unterstützen und so den Prozess schneller, sicherer und wirtschaftlicher zu gestalten. Eine Möglichkeit ist der Tankroboter TIR von Innospection. Mit an Bord: Zykloidgetriebe von Nabtesco.
Der Tankroboter TIR wurde speziell für die Inspektion von Onshore-Tanks konzipiert und ermöglicht eine vollautomatische Überprüfung – und zwar im gefüllten Tank. Das Entleeren der Behälter sowie das Hinabklettern der Inspekteure gehören damit der Vergangenheit an. Für den Anwender ergeben sich dadurch Vorteile wie unkompliziertere Prüfvorgänge, kürzere Stillstandzeiten, höhere Sicherheit sowie reduzierte Kosten.

Fehlersuche mit Magnetkraft

Der TIR ist mit der elektromagnetischen Prüftechnologie MEC (Magnetic Eddy Current) ausgestattet und verfügt damit über eine hohe Empfindlichkeit beim Erkennen von Korrosion, Lochfraß sowie anderen lokalen Defekten, selbst bei Plattendicken bis zu 30 mm sowie Beschichtungen bis zu 10 mm. Vor der Inspektion ist weder ein Entfernen der Beschichtung notwendig noch muss der Tankboden mittels Kugelstrahlverfahren bearbeitet werden. Der Roboter bewegt sich per Kettenantrieb (einer pro Seite) über die Bodenplatte, die Navigation erfolgt mit Kameras und Sonar. Beide Antriebe besitzen einen BLDC-Motor mit Encodersystem und sind komplett ölgefüllt sowie druckausgeglichen. Das Öl dient dabei in erster Linie dazu, den Druck zwischen dem umgebenden Medium und dem Gehäusevolumen während des Tauchvorganges zu kompensieren. Das schützt die Antriebe vor eindringendem Wasser sowie anderen Medien und stellt zudem die Motorkühlung sicher.
„Für die Messung arbeitet die MEC-Technologie mit einem starken Magneten, die Haftkraft beträgt ungefähr zwei Tonnen. Daher benötigten wir für die Antriebe ein Nenndrehmoment von 200 Nm bei 60 U/min. Sonst würde sich der TIR nicht von der Stelle bewegen“, erzählt Stefan Grabert und ergänzt: „Getriebe mit so hohen Drehmomenten sind üblicherweise sehr groß und schwer und damit für unsere Anwendung nicht geeignet. Schließlich muss der Roboter über das Mannloch auf dem Dach in die zu inspizierenden Tanks gebracht werden.“ Zudem müssen die Antriebe sehr zuverlässig sein, was eine Unterdimensionierung nicht zulässt.

Kleine Bauform bei hohem Drehmoment

Fündig wurde Innospection bei Nabtesco. Der Getriebespezialist mit Europazentrale in Düsseldorf gilt als Weltmarktführer im Bereich Robotergetriebe. Durch ihre spezielle Bauweise sind die Getriebe leistungsfähig, genau und robust – und das bei kompakter Konstruktion. „Die kleine Bauform bei vergleichsweise sehr hohen Drehmomenten war für uns entscheidend“, begründet Grabert die Wahl von Nabtesco als Getriebelieferanten. „Auch wurden wir technisch sehr gut beraten. Das ist sehr wichtig für uns, da wir uns üblicherweise auf andere Themenfelder konzentrieren und Getriebe nur einen minimalen Teil unserer Arbeit ausmachen.“
Im TIR sind zwei Nabtesco-Getriebe vom Typ RV-42N verbaut. Die Präzisionsgetriebe erreichen hohe Drehmomentleistungen bei gleichzeitig minimalem Platzbedarf. Ihre kompakte Bauform haben sie dem Hauptlager mit integriertem Innenring zu verdanken. Die Verstärkung der Exzenterwellenlagerung bewirkt eine sehr hohe Leistungsdichte und Schockbelastbarkeit (bis zum 5-Fachen des Nenndrehmoments). Für den Einsatz im Antriebsstrang des Tankroboters wurden zudem die Eingangsritzel verkürzt. Das macht das gesamte System noch kompakter. Wie bei allen Zykloidgetrieben erfolgt die Kraftübertragung über Kurvenscheiben und Rollen. Dadurch bieten die RV-N-Getriebe einen hohen Wirkungsgrad.

Robotergestützte Inspektion in der Testphase

Aktuell befindet sich der TIR in der Testphase. „Der Einsatz von Robotern für die Inspektion von Lagertanks steht noch ganz am Anfang und bis zur vollständigen Kommerzialisierung des TIR wird es wohl noch eine Weile dauern“, so Grabert. Das liegt unter anderem daran, dass die Tanks derzeit in keinster Weise für Roboterinspektionen auslegt sind. „So ist der Zugang über das kleine Mannloch alles andere als einfach“, so der Prüfexperte. „Im Inneren des Tanks folgen weitere Hindernisse wie verschiedene Installationen oder Heizrohre. Ein schwieriges Terrain für den TIR, der die Barrieren umfahren muss, ohne dass sich seine Kabel verheddern. Auch die Bauweise der Tanks wird sich ändern müssen.“

Prüfen von Schiffsrümpfen

Bodenplatten in Lagertanks sind nicht die einzigen Objekte, die in Zukunft von Robotern geprüft werden. Mit dem MCCR (Mec Combi Crawler Robot) revolutioniert Innospection auch die Kontrolle von Schiffsrümpfen. Der MCCR wird in Zusammenarbeit mit der brasilianischen Wissenschafts- und Technologieinstitution Senai Cimatec entwickelt und soll künftig die flache Unterseite von FPSOs (Floating Production Storage and Offloading Unit = Schwimmende Produktions- und Lagereinheit) auf Korrosion und Lecks untersuchen. „FPSOs sind Supertanker, die auf dem Meer liegen und fest vertaut sind. Es wäre ein Riesenaufwand, die Leitungen zu kappen, nur um die Schiffe zur Überprüfung ins Trockendock zu schleppen“, erklärt Stefan Grabert. Deshalb müssen regelmäßig Taucher ran – eine beschwerliche und gefährliche Tätigkeit. „Im Moment werden nur einzelne Ultraschallmessungen sowie visuelle Prüfungen durchgeführt. Mit dem MCCR lassen sich durch Inspektions- und Navigationstechnik sowohl Qualität als auch Wiederholbarkeit der Untersuchungen um ein Vielfaches verbessern“, so Grabert. Auch Sicherheit ist ein großes Thema. So dürfen beispielsweise für Offshore-Arbeiten in Norwegen gar keine Taucher mehr eingesetzt werden.
Wie beim TIR garantiert die MEC-Technologie optimale Prüfergebnisse. Die Navigation ist allerdings ungleich aufwendiger und arbeitet mit Sonar, einem Doppler-Geschwindigkeitsmesser (DVL), einem inertialen Navigationssystem (INS) sowie Kameras. Vier Antriebsräder, die sich unabhängig voneinander lenken lassen, sorgen für extreme Wendigkeit. Die Nabtesco-Getriebe sind auch hier im Antriebsstrang untergebracht – je eins an den vier Antriebs- sowie den vier Lenkmotoren. Bis der MCCR ins Meerwasser abtauchen kann, müssen sich Anwender allerdings noch etwas gedulden: Die Entwicklung hat gerade erst begonnen.

Kontakt

Nabtesco Precision Europe GmbH

Tiefenbroicher Weg 15
40472 Düsseldorf

+49 211 17 37 90

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