Backwaren-Check mit 3D
23.06.2025 - 3D-Lasersensor für die hochpräzise Vermessung von Backwaren im laufenden Betrieb
100.000 Brötchen pro Stunde – und kein Platz für Fehler. 3D-Sensorik, intelligente Software und hochmoderne
Backstraßen heben die Qualitätskontrolle in der industriellen Backwarenproduktion auf ein neues Level.
In Schleswig-Holstein kostet ein normales Schnittbrötchen im Durschnitt zwischen 0,40 und 0,60 Euro, die Preise für Körnerbrötchen oder Laugenstangen liegen deutlich höher. Dementsprechend hoch ist der Qualitätsanspruch an die Backwaren – und das sowohl von Seiten des Verkäufers, der tagtäglich identische Produkte fertigen muss als auch von Seiten des Käufers. Kunden erwarten unter anderem aufgrund der deutlich gestiegenen Preise eine gleichbleibende Qualität, Optik und Konsistenz. Verkäufer möchten ihre Kunden nachhaltig an sich binden.
Ausgehend von diesen Voraussetzungen haben sich der Systemintegrator ISW and das Technologieunternehmen AT Sensors zusammengeschlossen, um gemeinsam eine Applikation zu entwickeln, die Backwaren mit hoher Geschwindigkeit auf unterschiedliche Qualitätsmerkmale überprüft. Anstoß für den Start dieser Entwicklung gab die Anfrage des Verpackungsmaschinenherstellers Ilapak. Der Maschinenbauer nutzte bis dahin ausschließlich Zeilenkameras mit 2D-Technologie, die jedoch nur Schattenbilder der Backwaren erzeugen konnten. Der Endkunde forderte aber ausführlichere Informationen über Form und Beschaffenheit der Produkte, sodass nach einer Sensorlösung gesucht wurde, die auch Geometriedaten liefern konnte.
Jetzt kam AT Sensors ins Spiel. Das Unternehmen stellt seit mehr als 25 Jahren Lasertriangulationssensoren her, die sich durch ihre Kombination aus Geschwindigkeit und Auflösung sowie zahlreiche Features auszeichnen. ISW als Systemintegrator gehört unter anderem in der Lebensmittelindustrie zu den führenden Ansprechpartnern für schlüsselfertige Bildverarbeitungssysteme und war bei der Applikationsentwicklung vor allem für die Programmierung einer passenden Software zuständig.
Gefordert: ein breites Sichtfeld und hohe Auflösung
Die Inspektion der Backwaren erfolgt direkt auf den Förderbändern der Ilapak-Anlagen – ohne getakteten Prozessablauf. Dabei müssen mehrere Qualitätsparameter gleichzeitig überprüft werden: Höhe und Größe, Schnittmerkmale sowie spezifische Oberflächeneigenschaften wie die Verteilung von Käse auf Laugengebäck. Solche komplexen Prüfaufgaben übersteigen die Möglichkeiten herkömmlicher 2D-Bildverarbeitungssysteme und erfordern den Einsatz fortschrittlicher 3D-Sensortechnologie.
„Bis zu 100.000 Brötchen passieren die Produktionslinien pro Stunde, die weder geordnet sind noch nebeneinander, sondern eben zum Teil aufeinander liegen. Weiter sind die Förderbänder breiter als einen Meter, sodass der Sensor sich durch ein breites Sichtfeld und eine hohe Auflösung auszeichnen sollte“, so ISW-Geschäftsführer Tobias Wichmann. Auch die Trägheit der Förderbänder sei ein schwieriger Faktor im Rahmen der Applikationsentwicklung gewesen. „Die industriellen Backstraßen arbeiten im 24/7-Betrieb und dürfen nicht unterbrochen werden. Die großen Backstraßen sind so programmiert, dass diese mitunter eine Stunde Vorlaufzeit haben, wenn Veränderungen vorgenommen werden müssen. Ein kurzfristiges Stoppen der Anlage aufgrund eines technischen Defekts oder Ähnlichem führt folglich zu enormen Schäden und vor allem zu einem wirtschaftlichen Verlust“, so Tobias Wichmann.
Geometrische und strukturelle Analyse in Echtzeit
Um die Anforderungen zu erfüllen, entschied sich AT Sensors für den modularen 3D-Lasersensor MCS 2040. Jede Förderlinie wird mit einem eigenen Sensor ausgestattet, der eine hochpräzise Vermessung der Backwaren im laufenden Betrieb ermöglicht. Der MCS 2040 erfasst 2.048 Messpunkte pro Profil und erreicht eine Auflösung von 0,5 Millimetern in der X-Achse sowie 0,03 Millimeter in der Z-Achse. Durch ein besonders großes Sichtfeld von 1.000 Millimetern und eine Profilgeschwindigkeit von bis zu 25 Kilohertz wird eine schnelle und kontinuierliche Datenerfassung auch bei sehr hohen Durchsatzraten sichergestellt. Ein wesentliches Merkmal der MCS-Serie ist ihr modularer Aufbau: Jeder Sensor kann individuell an die spezifischen Anforderungen der Anwendung angepasst werden – ohne zusätzliche Kosten, ohne Mindestabnahmemengen und ohne lange Lieferzeiten. Gleichzeitig verfügen die Sensoren über standardisierte Schnittstellen wie GigE Vision, was die Integration in bestehende Anlagen vereinfacht.
Zum Einsatz kommt ein roter Laser mit einer Wellenlänge von 660 Nanometern, der eine besonders hohe Intensität auf den Detektor liefert und dadurch eine empfindliche und präzise Messung ermöglicht. Zudem erlauben die von AT Sensors entwickelten Funktionen MultiPeak und MultiPart die gleichzeitige Erkennung und Auswertung mehrerer Qualitätsmerkmale, sodass eine umfassende geometrische und strukturelle Analyse der Produkte in Echtzeit erfolgt. Die erfassten 3D-Daten werden anschließend über die von ISW entwickelte Software verarbeitet, die auf der Bildverarbeitungsbibliothek Halcon basiert. Die aufbereiteten Informationen werden direkt an die SPS weitergeleitet und steuern dort die Sortiermechanismen der Verpackungsanlage. Dadurch können die Backwaren gezielt nach definierten Qualitäts- und Mengenvorgaben für den Einzelhandel verpackt werden.
Effiziente und zuverlässige Qualitätskontrolle
Seit einigen Jahren wird die Qualität von Backwaren bei zahlreichen Endkunden in Europa auf diese Weise kontrolliert. ISW hat vor kurzem erneut eine große Anzahl an Sensoren bei AT Sensors in Auftrag gegeben, um weitere Backstraßen auszurüsten. „Wir haben den Vertriebsleiter Herrn Klipfel vor vielen Jahren auf der Vision Messe in Stuttgart kennengelernt und waren direkt überzeugt von dem Produktportfolio von AT Sensors. Zudem spielt die regionale Nähe zu AT eine wichtige Rolle für uns, weil dies enge Absprachen bei der Entwicklung vereinfacht. Mit Ilapak arbeiten wir ebenfalls seit Jahren zusammen, sodass sich schnell eine passende Kooperation ergab, mit der wir uns international einen Namen machen konnten“, resümiert ISW-Geschäftsführer Tobias Wichmann.
Aufgrund der 3D-Sensortechnologie von AT Sensors, der Software von ISW und den Verpackungslinien von Ilapak ist es gelungen, eine effiziente und zuverlässige Qualitätskontrolle für Backwaren zu etablieren. Dies stellt sicher, dass beispielsweise große Supermärkte gleichbleibend hochwertige Produkte erhalten, während gleichzeitig wirtschaftliche Verluste durch Produktionsausfälle minimiert werden. Die Kombination aus hochauflösender 3D-Sensorik, intelligenter Software und moderner Maschinenbautechnik setzt somit neue Maßstäbe in der industriellen Backwarenproduktion.
Autorin
Nina Claaßen, Head of Marketing
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