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Bayrische Kameras mit Qualitätsanspruch

25.04.2024 - Besuch in der Produktion von SVS-Vistek

Ein Besuch am Hauptsitz von SVS-Vistek in Gilching liefert zahlreiche Details zur Herausforderung, effizient und hochwertig zu produzieren – als mittelständisches Unternehmen mit Hochgeschwindigkeitskameras für Anwendungen in der Halbleiter- und Elektronik­industrie oder auch im Sportbereich. Auch ein Blick in die nahe Zukunft war möglich.

Thorsten Schmitt.“ „Angenehm. Thorsten Schmidt“. So begrüßen sich der Produktionsleiter Thorsten Schmitt (mit Doppel-t) und Standortleiter Thorsten Schmidt (mit dt) scherzhaft beim gemein­samen Interviewtermin. Damit ist der Ton für den restlichen Tag gesetzt: kollegial, offen, alle gut gelaunt. Und los geht es mit vielen, zu dieser Zeit exklusiven – und vertraulichen – Neuigkeiten zur Führungsstruktur von SVS-Vistek: Walter Denk, Mitgründer und -inhaber des Kameraherstellers verließ zum 1. Januar die Geschäftsführung zugunsten von Robert Franz, der bereits innerhalb von TKH Vision für die Brands Allied Vision, SVS-Vistek, Mikrotron, Nerian, Chromasens, Net und Euresys die Verantwortung trägt. Außerdem wurde Thorsten Schmidt (mit dt!) neben seiner Aufgabe als CPO zusätzlich die Gesamtverantwortung für den Standort Gilching übertragen. Diese neue Rolle wurde geschaffen, weil vor Ort jemand Verantwortliches verfügbar sein soll, auch, um Robert Franz zu entlasten, erläutert Schmidt.

Produkte: Mehr Kooperation mit Allied Vision, aber auch klare Grenzen

Außerdem wachsen SVS-Vistek und das Schwesterunternehmen Allied Vision stärker zusammen. So übernimmt der Leiter Operations (COO) von Allied Vision, Andre Kruse, diese Aufgabe nun auch für SVS-Vistek. Der dortige Vorgänger, Gerd Völpel, ging in den Ruhestand. Auch vertriebsseitig wurden Verantwortlichkeiten zusammengelegt: So leitet Björn Krasemann als CSO diesen Bereich für beide Unternehmen. Und Johannes Zurin ist seit Jahresanfang Director Business Development & Marketing ebenfalls für SVS-Vistek und Allied Vision zugleich zuständig. „Das ergibt auch einfach Sinn“, erklärt Schmidt, „weil wir dann alle Produkte des gemein­samen Portfolios, seien sie rot, seien sie blau, in Summe anbieten können. Mehr Schlagkraft ist hier das Stichwort. Es ermöglicht uns, auch mit unseren Schwesterfirmen innerhalb der TKH Vision die optimale Lösung für unsere Kunden anzubieten.“ Im Produktmanagement und der Produktentwicklung gibt es zwischen beiden Firmen einen engeren Austausch und eine verstärkte Zusammenarbeit, um koordiniert zu agieren, Synergien zu nutzen und Überlappungen zu vermeiden. 

„So investieren wir nicht mehr in das Segment rund um unsere ECO-Serie. Das ist eher ein Schwerpunkt von Allied Vision“, erklärt er. „Zusätzlich differenzieren wir uns auch durch die Interfaces. Sprich: High-Speed + High-Resolution = SVS-Vistek.“ Kameras mit Swir-Sensoren haben zwar beide Hersteller im Programm, aber SVS-Vistek hat die Schnittstellen mit größerer Bandbreite: „Wir bieten Swir mit Coaxpress 12 mit ein bis zwei Lanes und 10GigE an, was Allied Vision nicht im Portfolio hat. Gemeinsam können wir jedoch das umfangreichste Swir-Kamera­portfolio mit Interfaces wie GigE, 5GigE, 10GigE, USB3, CSI-2 (FPD-Link3, GSML2), Camera Link und CoaxpPress auf dem Markt anbieten.“

Regelmäßige Meetings der Produktverantwortlichen stellen dabei sicher, dass nicht parallel an ähnlichen Dingen gearbeitet wird. Sie dienen außerdem dazu, die jeweils anderen auf den aktuellen Stand zu bringen, da die Vertriebsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter schließlich beide Marken anbieten sollen. 

Hinsichtlich der Schnittstellen haben sich bei SVS-Vistek Schwerpunkte auf Coaxpress (CXP) und GigE inklusive 10, 25 und 100GigE herausgebildet. Grund hierfür sind die Vorlieben der Kunden. So setzt die Hauptabnehmerbranche, die Halbleiter- und Elektronik­industrie, die vermehrt die Baureihen HR und SHR ordert, auf alle verfügbaren Bandbreiten der Schnittstellen CXP und GigE. 


Vorhaben für die Zukunft

Bis Ende dieses, Anfang nächsten Jahres will SVS-Vistek die Schnittstelle 100GigE anbieten. „Auch wenn das Interface wohl noch eine Zeit braucht, um am Markt etabliert zu sein. Aber wir wollen hier auch ein stückweit Technologieführer sein“, sagt Schmidt. 

Außerdem gibt es seit Kurzem die FXO-Serie mit Sony-Pregius-S-Sensor jetzt auch mit 25GigE. Damit soll die Serie sich unter anderem besser für den Sportbereich eignen. Speziell in den USA werden Hochgeschwindigkeits-Mehrkamerasysteme beispielsweise in Baseball-Stadien eingesetzt, um die Spieler zu analysieren, erklärt Schmidt. Ein lukrativer Markt für einen Kamerahersteller.

Neben weiteren Schnittstellen und der stetigen Integration neuer hochauflösender Sensoren arbeitet SVS-Vistek auch an temperierten Kameras, da bei vielen Anwendungen auch bei höheren Umgebungstemperaturen eine stabil hohe Bildqualität gefragt ist. Damit entfällt die Notwendigkeit einer zusätzlichen Kamerakühlung. Einen Veröffentlichungszeitraum nennt Schmidt dafür allerdings nicht. Also wenden wir uns den aktuellen Produkten zu. Genauer: der Produktion.


Produktion: Ohne das richtige Klima geht nichts

Zentral für die Produktion ist der Reinraum, in dem alle Kameras produziert werden. Dieser ist nötig, um zu verhindern, dass während der Montage Fremdkörper ins Innere der Kameras gelangen können. Zum Vorschein kämen diese beispielsweise in der Display-Inspektion. Konkret sind Kameras von SVS-Vistek hier für Homogenitätschecks von Displays oder Farbkalibrierungen zuständig. „Wenn Sie sich da vorstellen, dass wir ein Staubkorn haben und das in der Qualitätssicherung als defektes Pixel des Displays gewertet und dieses als Ausschuss deklariert wird, dann hat das eine sehr hohe Relevanz für uns. Darum haben wir sehr viel Zeit und Energie eingesetzt, um das Optimum für uns zu finden, um sauber und staubfrei zu produzieren“, erläutert Schmidt. Am Reinraum führt also kein Weg vorbei. Doch dieses Thema berührt sehr viel mehr Bereiche als die bloße Luftreinigung. Produktionsleiter Thorsten Schmitt (mit Doppel-t) erklärt, dass im neuen Gebäude – SVS-Vistek bezog den Neubau im September 2021 –, das voll auf ein ökologisches Heiz-Kühlkonzept mittels Erdwärme setzt, letztlich doch Klimaanlagen und Luftbefeuchter für die Produktionsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter installiert werden mussten, um sommers wie winters optimale Arbeitsbedingungen zu bieten. Aber das grüne Gewissen bleibt rein: Die Klimaanlagen werden von den Photovoltaik-Modulen des Gebäudes mit Energie versorgt. Insgesamt werden über 50 Prozent der verbrauchten Energie auf diese Weise selbst erzeugt, inklusive sieben Wallboxen für Mitarbeiter- und Dienstwagen.


15.000 Kameras pro Jahr

Die Produktion befindet sich im Erdgeschoss. Bevor es reingeht, müssen Reinraum-ESD-Mäntel, Haarnetz und Überzieher für die Schuhe angelegt werden. So ausgestattet geht es durch die Schleuse hinein. An den dortigen Montageplätzen arbeiten vier Personen, in der nachfolgenden Qualitäts­sicherung nochmal so viele. Beide Bereiche haben jeweils zwei weitere Arbeitsplätze in petto, die bei Bedarf belegt werden könnten. Derzeit kommt das Unternehmen aber mit den ­vorhandenen Kräften aus. Insgesamt arbeiten am Standort Gilching derzeit 95 Menschen auf 2.400 m2 Fläche, inklusive Produktion.

Insgesamt kann jeder Mitarbeiter etwa 25 Kameras pro Tag montieren, zumindest wenn es eine vergleichsweise einfache EXO-Kamera ist. Bei den komplexeren Modellen dauert die Montage deutlich länger. Daneben wird darauf geachtet, dass ein Mitarbeiter nicht den ganzen Tag dieselbe Kamera montieren muss. „Es kann schon mal sein, dass ein Mitarbeiter 15 Kameras desselben Typs montieren muss. Wir schauen nämlich auch, dass ein Auftrag von einem Mitarbeiter komplett abgearbeitet wird. Aber dann gucken wir, dass er oder sie danach einen Auftrag mit anderen Kameratypen bekommt“, fügt Thorsten Schmitt hinzu. Es soll eben einerseits nicht zu eintönig werden für die Kollegen, andererseits ist es wichtig, die Produktion so effizient wie möglich zu gestalten. Hat ein Mitarbeiter einen Auftrag also bereits im Kopf, ist er beim Abarbeiten desselben schneller als seine Kollegen. Insgesamt kommt SVS-Vistek damit auf einen Output von rund 15.000 Kameras pro Jahr.


Schwerpunkt Qualitätssicherung

Fertig montierte Aufträge kommen in einer grünen Box – um sie von den schwarzen Boxen aus der Kommissionierung auf den ersten Blick unterscheiden zu können – auf ein weiteres Regal. Dann wissen die Kolleginnen und Kollegen, dass der Auftrag bereit zur Kalibrierung und Qualitätsausgangs­kontrolle ist. Dazu wird zunächst jede Kamera im Messraum geprüft. Diese Messungen spielen bei SVS-Vistek eine große Rolle. Denn die Kameras sollen ein homogenes Bild über den ganzen Sensor hinweg ermöglichen, auf Die- und Mikrolinsenebene. „Wenn man sich da manche Wettbewerber anschaut, da sind wir schon ganz vorne dabei“, meint Standortleiter Schmidt. Danach kommt sie zu einer der beiden Qualitätssicherungsstationen, wo alles nochmal ganz genau inspiziert wird. 

Die Qualitätssicherung prüft auch, ob sich nicht doch irgendwo noch ein Staubteilchen im Gehäuse befindet, das sich irgendwann auf den Sensor legen könnte und somit Bildfehler erzeugt. „Um ganz sicher zu sein, ob unsere Prozesse funktionieren, haben wir schon mehrere Kameras per Luftpost einmal um die Erde geschickt. Bei der Bewegung durch den Transport und den Druckunterschieden hätten Fremdkörper im Innern zum Vorschein kommen müssen. Die Kameras kamen aber so zurück, wie wir sie losgeschickt hatten“, erklärt Standortleiter Thorsten Schmidt. Ein Beweis, dass die Qualitätssicherungsmaßnahmen funktionieren.

Autor
David Löh, Chefredakteur der inspect

Kontakt

SVS-Vistek GmbH

Ferdinand-Porsche-Str. 3
82205 Gilching
Deutschland

+49 8105 39 87 60

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