Kontron: Plug & Play Einsatz an Embedded Computern

12.09.2013 -

Mit Windows 95 wurde das Thema Plug & Play eingeführt, war aber noch lange nicht perfekt. Heute ist die Technik weiter – aber sind Plug & Play-Funktionen auch weit genug ausgereift, um in der Industrie eingesetzt zu werden?

Embedded Computer sind per se modular aufgebaut – so war es schon immer kein Problem, Boards mit applikationsspezifischen Karten zu erweitern. Vor allem mit Karten, die auf den generischen Bussen wie ISA, PCI und seit neuestem PCI Express (PCIe) aufsetzen, konnten Hersteller oder Anwender die Computer einfach um neue Funktionen bereichern.

Da die Busse sich auch als Standards der Office-PC-Welt durchsetzten, haben sie bis heute für Embedded Motherboards (ATX, Flex-ATX, MicroATX, Mini-ITX) Bestand und werden mit identischem elektronischen wie physikalischen Interfaces auch für Erweiterungskarten bei PISA, PCI basierenden Systemen und des ersten Industriestandards der PICMG 1.x verwandt.

Doch bereits die Standards PICMG 2.x (CompactPCI) sowie PC/104 haben sich physikalisch von diesen Standards verabschiedet. Beide Formfaktoren nutzen robustere Pressfit-Steckverbinder. Das Ziel beider Entwicklungen war, die Stabilität der Intraconnects zu erhöhen.

Elektronisch sind die Signale jedoch gleich geblieben. Gleiches gilt für Computer- On-Modules. Sie nutzen wesentlich mehr Pins für die Steckverbindung, jedoch nur deshalb, weil dort wesentlich mehr Schnittstellen über diesen Steckverbinder laufen müssen.

So enthält ETX bspw. neben diversen dedizierten Schnittstellen ISA und PCI; ETXexpress/COM Express bietet mehrfach PCIe sowie PCI. Aber auch hier hat sich in der Elektronik nichts wesentlich geändert.

Die generischen Funktionalitäten bleiben stets PC-Technologie. Sie wurde nur auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Anwender angepasst, wie nachstehende Übersicht an Embedded Computing Formfaktoren zeigt:

Embedded Motherboards unterscheiden sich hinsichtlich der Standard-Schnittstellen kaum von Konsumerbaugruppen. Über Riser-Steckverbinder können jedoch bei manchen Mother- boards Erweiterungskarten parallel zum Board gesteckt werden, um die Bauhöhe zu reduzieren.

  • PICMG 1.x definiert den SBC als Slotbaugruppe. Die Erweiterungskarten können so gebaut werden, wie es die Backplane erlaubt. Zumeist sind es klassische PCIe, PCI oder ISA-Karten, die auch in Standard-PC´s Einsatz finden können.
  • Bei PISA liefert der Slot-SPC PCI und ISA auf halber Kartenlänge über einen doppelreihigen Stecker auf der Backplane. Erweiterungskarten werden wie bei PICMG 1.x gesteckt.
  • PC/104plus definiert stapelbare mehr oder weniger quadratische SBC´s und Erweiterungs- Baugruppen für PCI und ISA.
  • EPIC führt diese Tradition für I/O Baugruppen auf einem Mini-Motherboard Formfaktor weiter, weil die Chipsätze immer mehr Funktionen integriert haben und man diese auch ausführen möchte
  • JRex/JFLEX hat sich von dem Pressfit-Steckverbinder und ISA getrennt und liefert PCI pur und SMT-bestückbare Steckverbinder sowie ein von den Abmaßen flexibilisiertes Erweiterungsbaugruppenkonzept, das ebenfalls parallel zum SBC gesteckt wird, um Platz zu sparen.
  • Computer-on-Modules bieten ein Bündel von Schnittstellen zum Baseboard. Der jeweilige Standard (die gängigsten sind DIMMPC, ETX, COM Express/ETXexpress sowie Xboard) definieren das jeweilige Pinout.
  • CompactPCI (PICMG 2.x) führt PCI und Switch Fabric über die Backplane. Hinzu kommt Hot-Swap und bei Intelligent Platform Management Interface (IPMI) weitere Signalisierung zum Hardwaremonitoring um die Systemsicherheit zu erhöhen.
  • ATCA-Standard (PICMG 3.x) sowie der neue AMC/MicroTCA-Standard (PICMG AMC.x und MTCA.x); beide mit PCIe und Gigabit Ethernet via Backplane sowie Hotswap und IPMI.

Verschieden, aber doch gleich

Diese physikalisch sehr unterschiedlichen Konzepte haben von Seiten der PC-Bustechnologie folglich identische Plug & Play-Funktionalität. Plug & Play ging es jedoch anfänglich bei all diesen Formfaktoren nicht zu. Mit Windows 95 wurde der Begriff zwar bereits Mitte der 90er Jahre eingeführt.

Damals war man jedoch noch sehr weit von dem beschriebenen Idealbild entfernt, dass eigentlich eine spontane Vernetzung von elektronischen Geräten oder Subsystemen aller Art impliziert, die ihre Dienste im Netz ad hoc anbieten und deren Dienste Clients ebenso spontan auffinden und nutzen können.

Heute ist man schon wesentlich näher dran. Standard-Erweiterungskarten werden unter den heute gängigen Betriebssystemen eingesteckt und automatisch erkannt. Die erforderlichen Treiber aktualisierten bzw. installierten das System in einer automatischen Routine und stellten damit die Grundfunktionalitäten der Erweiterungskarten direkt oder nach dem Booten des Systems zur Verfügung.

Haben die Erweiterungskarten eigene Benutzerinterfaces on Board, können die vom Benutzer gewünschten Parameter direkt bedarfsgerecht gesetzt werden und die Schnittstellen (mit entsprechender Software) genutzt werden.

Intelligente Klemmen

Vergleichbare Plug & Play-Funktionalitäten weisen heute auch Peripheriegeräte auf, die man bspw. über USB anschließen kann oder aber intelligente Klemmen, wie das proprietäre Wago I/O System, dass man an den Hutschienen- PC ThinkIO anschließen kann. Und auch der ATCA-Standard (PICMG 3.x) sowie der neue MicroTCA-Standard definieren mit neuen intelligenten Board-zu-Board-Interfaces erweiterte Bandbreite und höhere Systemsicherheit, die bspw. entweder PCIe (ATCA 3.4/AMC.1) basiert sind aber auch Gigabit Ethernet Switching (ATCA 3.1/AMC.2) und weitere Optionen zur Kommunikation zwischen den Baugruppen bietet.

Damit verschwimmen die internen und externen Kommunikationsschnittstellen zunehmend und Funktionen wie bspw. Wake-On LAN oder USB-Boot können in Sachen Plug & Play ganz neue Systemansätze bieten. Wie sich jedoch die Computertechnologie hinsichtlich dieser Punkte noch entwickeln wird, kann derzeit nur spekuliert werden, denn es hängt viel davon ab, was die Hersteller von Peripheriebaugruppen anbieten werden. Derzeit vollzieht sich für interne Erweiterungsbaugruppen der Wandel von PCI zu PCIe, was auf der einen Seite neue Formfaktoren bzw. Generation von Formfaktoren bedingt.

Auf der anderen Seite kommt man aber mit der Umstellung von PCI auf PCIexpress dem Ideal von Plug & Play hardwaretechnisch ein gutes Stück näher: Durch die separate serielle Punkt-zu-Punkt Verbindung von Peripherie zu Chipsatz im Gegensatz zum parallelen Shared-Bus-System von PCI sind viele Stolperfallen für Datenkonflikte ausgeschaltet. Von Seiten der Hardwareansteuerung ist Plug & Play also auf jeden Fall bereits recht komfortabel umgesetzt.

Zu viele Treiber

Doch was nutzen all diese Funktionen bei embedded Computer Technologie? Eine analoge oder digitale I/O-Karte lernt noch immer nicht automatisch, welcher Sensor oder Aktor an ihm angeschlossen ist noch welche Daten welche Parameter bedeuten. Und wie sieht es mit dem Austausch zwischen zwei Karten aus? Dies ist die maßgebliche Herausforderung, denen sich heute Entwickler von Embedded Computer Technologie noch immer stellen müssen.

Ein Embedded System bekommt demnach seine Funktionen erst, wenn die unterschiedlichen Komponenten über die zumeist individuell entwickelte Applikationssoftware seine eigentliche Intelligenz bekommt. Hierbei müssen die Entwickler mit unterschiedlichsten Treibern der I/O-Hersteller kämpfen, denn der Transfer von einer banalen Information wie bspw. „Temperatur“ kann je nach Baugruppe einen vollkommen anderen Speicherort besitzen. Komfortabler wird es dann schon, wenn die I/Os ein abstrahiertes API haben.

Doch auch hier kann die Informationsbeschaffung einer Temperatur je nach Baugruppe ganz anders aufgebaut sein und mit einem anderen Befehl verbunden sein. Ganz banal bspw. „Get temperature“ oder „get temp“.) Insofern können selbst die ausgefeiltesten Plug & Play Lösungen inklusive UPnP für Embedded Computer Technologie niemals die applikationsspezifische Programmierung ersetzen. Einzig der Grad der Abstraktion und damit der Komfort bei der Anwendungsprogrammierung kann angehoben werden.

Dies gilt selbstverständlich auch für die Embedded Computer selbst. Kontron arbeitet deshalb sein einiger Zeit daran, die API der jeweiligen Formfaktoren über alle Performance-Skalierungsstufen zu vereinheitlichen und Zug um Zug auch die API Formfaktor übergreifend zu standardisieren, um so Entwicklern von Embedded Systemlösungen langfristig die Libraries direkt für die unterschiedlichsten Entwicklungssysteme als Standarddreingabe der Boards liefern zu können um somit die Softwareentwicklung zu vereinfachen und den so wichtigen Erfolgsfaktor Time-to-Market weiter zu reduzieren.

Würde dies jeder Hersteller inklusive Referenzprogrammierung machen, würde sich die Applikationsprogrammierung auf die Verknüpfung von unterschiedlichen Modulen sowie das Screendesign der Applikation reduzieren. Dies ist zwar heute noch eine Vision, doch mit zunehmender Vernetzung und dem Einsatz von Web-Technologien wird dies langfristig zunehmend Realität.

Interoperables Plug & Play wird demnach auch für Embedded Systeme greifbar. Und die hochkomplexe Welt der unterschiedlichsten Systeme reduziert sich damit auf die Funktionsparameter der Sensoren und Aktoren und auf das, was Programmierer aus dem Zusammenspiel dieser vernetzten Plug & Play-Komponenten machen.

 

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