Automatisierung

Welche Themen beschäftigen uns 2024 – technologisch, wirtschaftlich, (geo-)politisch?

21.11.2023 - Unsere Experten haben die richtigen Worte auf unsere Umfrage gefunden, obwohl das in den aktuellen Zeiten alles andere als einfach ist. Und auch wenn eine Krise die andere jagt, bleiben sie optimistisch und „krempeln die Ärmel hoch“.

Ralph Engel, CEO EKS Engel

Wir schauen mit Spannung auf das nächste Jahr – und mit Optimismus. Die Automatisierungstechnik ist eine der Branchen, die sich in den vergangenen Jahren trotz negativer Ereignisse, von der Corona-Pandemie bis zum Ukraine-Krieg, positiv weiterentwickeln konnte. Dabei nimmt die Digitalisierung in allen Bereichen des täglichen Lebens und in den unterschiedlichen Branchen einen immer höheren Stellenwert ein, und Kommunikationstechnik ist dafür unabdingbare Grundlage. Für die LWL-basierte Netzwerktechnik – dem Gebiet, in dem unsere Kernkompetenz liegt – gibt es zudem laufend neue Anwendungsfelder, die wir mit unseren Produkten und Dienstleistungen bedienen können. Das Spektrum reicht dabei von Anwendungen bei Erneuerbaren Energien über die Sicherheits- und Gebäudetechnik bis hin zu Smart Cities.

 Auch wenn wir unsere Produkte überwiegend innerhalb der EU und der Schweiz vertreiben, spielen die geopolitischen Entwicklungen der vergangenen Jahre eine wichtige Rolle für uns. An erster Stelle der Herausforderungen steht dabei die Lieferketten-Problematik. Die Verringerung von Abhängigkeiten und eine zuverlässige Versorgung durch unsere Lieferanten stehen bei uns deswegen weit oben auf der Agenda. Wo immer dies möglich ist, setzen wir daher auf ein Nearshoring. Damit wollen wir auch in Zukunft für unsere Kunden ein zuverlässiger Partner bleiben, der eine hohe Liefertreue bieten kann.

Dimitrios Charisiadis, Geschäftsführer Jumo Fulda

Es ist eine Vielzahl von Themen, die uns gerade beschäftigt – und gefühlt kommt jeden Monat ein neues Mega-Thema hinzu, wie beispielsweise Anfang Oktober der Krieg in Israel. Krise folgt auf Krise, die Zeiten bleiben unsicher, die Märkte volatil. Wirtschaftlich spüren wir aktuelle eine leichte Eintrübung im Geschäft, die auf die weltweite Zurückhaltung der Kunden zurückführen ist. Wir müssen diese Entwicklung genau im Auge behalten. Vor allem, wie sich der Auftragseingang in den kommenden Monaten entwickelt ist wichtig, denn das ist unser Umsatz von morgen. Sorgen bereiten uns nach wir vor die Energiepreise in Deutschland. Sie sind im Vergleich zu anderen Ländern weiterhin hoch. Das ist ein klarer Standortnachteil. Jumo gehört zwar nicht zu den energieintensiven Unternehmen, aber wir spüren natürlich bei unseren Lieferanten deutliche Preissteigerungen, die auch unsere Produkte verteuern.

Auch die Lieferkrise ist noch nicht gänzlich ausgestanden. Für die Beschaffung elektronischer Bauelemente muss weiterhin ein großer Aufwand betrieben werden. Und natürlich dauert die Suche nach Fachkräften heute viel länger, als es noch vor einigen Jahren der Fall war.

Bei diesem Krisencocktail dürfen wir das Megathema Digitalisierung natürlich nicht aus den Augen verlieren – bei unseren Jumo-Produkten, aber auch in unserem eigenen Haus. In unserem neuen Werk, das gerade im Technologiepark Fulda West entsteht, setzen wir stark auf smarte Prozesse. Da wo es von den Kosten und der Effizienz her passt, digitalisieren wir konsequent. Fazit: Es bedarf ein hohes Maß an Komplexitätsbewältigung, die uns gut gelingt.

 

Michael Koch, Geschäftsführender Gesellschafter bei Michael Koch

Die Perspektive ist entscheidend, welche Begrifflichkeiten nach einer solchen Frage als Antwort kommen. Großkonzerne werden womöglich anders antworten als KMU. ChatGPT bringt für alle die gleiche Liste der Schlüsselwörter. Für alle wirken sich die riesigen Trends der Digitalisierung und Vernetzung aus, die immerwährend mehr Aufwand in Hard- und Software und deren Entwicklung erfordern. Das Eintauchen in virtuelle Welten wird auch in der konservativsten Branche zum Standard. Doch nichts geht ohne elektrische Energie, noch nicht einmal die Rettung des Klimas und damit des Menschen. Diese Elektrifizierung bietet allerhand Chancen, doch politisch wird sie immer schwieriger umsetzbar, denn ohne Einschnitte im persönlichen Geldbeutel und vieler liebgewonnener Gewohnheiten funktioniert das wohl nicht. 

In der giftigen Kombination aus Kriegen, Terror und Gier nach Macht sowie wirtschaftlicher Unsicherheit bei steigenden Insolvenzzahlen werden dann die anstehenden Wahlen für das Europa­parlament und drei Landtage in Deutschland zum Stichtagsbild aufgewühlter Stimmungen mit vieljähriger Festlegung der politischen Strukturen, die – immer mehr zersplittert – kaum noch die Fähigkeit zu echter gesamtgesellschaftlicher Führung verleiht. Die Instabilität scheint sich selbst zu verstärken. Für den Pessimisten wird 2024 ein Jahr auf dem Weg zur Dystopie. Die vielen kritischen Themen der Welt suchen nach Lösungen, an denen leistungsbereite Menschen mit Hingabe und voller Konzentration arbeiten. Sie nutzen die schier endlosen technischen Möglichkeiten in Kombination mit menschlicher Kreativität und Fantasie, um ein ums andere Mal im Kleinen wie im Großen alle Kurven zu kriegen, die durch die wilde Achterbahn „Leben“ zu nehmen sind. Für mich ist es nach wie vor überraschend und erstaunlich, dass dies immer wieder klappt. Für den Optimisten wird 2024 ein Jahr auf dem Weg zur Utopie. Unsere Hauptbeschäftigung besteht darin, den richtigen Weg nicht nur zu finden, sondern ihn zu gehen.

Gunther Kegel, Vorstandsvorsitzender/CEO bei Pepperl+Fuchs

Noch immer gilt für die elektrische Automatisierungstechnik, dass die vorherrschenden Megatrends Digitalisierung und Dekarbonisierung langfristig für deutliches Wachstum sorgen werden. Wir können meines Erachtens davon ausgehen, dass die durchschnittlichen, jährlichen Wachstumserwartungen in der kommenden Dekade eher über den Wachstumszahlen des vergangenen Jahrzehnts liegen dürften. Die Klimawende, die realistisch betrachtet vor allem eine Energieeffizienzwende sein muss, wird sich nur mit Hilfe von konsequenter Elektrifizierung, Automatisierung und Digitalisierung erreichen lassen. Auch die Zukunftstechnologie grüner Wasserstoff wird immer erst mit Hilfe von erneuerbaren elek­trischen Energieträgern erzeugt. 

Zu diesen positiven Megatrends gehören zwei weitere Megatrends, deren Auswirkung auf die Automatisierungstechnik aber deutlich ambivalenter sein wird: Deglobalisierung und Fachkräftemangel. Der Fachkräftemangel vor allem in den Ingenieurdisziplinen Elektro­technik und Maschinenbau geht leider weit über die demographischen Effekte der bundesdeutschen Bevölkerung hinaus. Immer weniger junge Menschen eines Jahrgangs finden den Weg zu diesen grundständigen Ingenieurstudien. Während demographisch in den vergangenen zehn Jahren ein Rückgang von etwa 20 Prozent in der Altersgruppe der 20-Jährigen zu beobachten ist, sind die Einschreibungszahlen für Elektrotechnik um 40 Prozent und die im Maschinenbau um 50 Prozent zurückgegangen. Das führt zum einen zu noch größeren Anstrengungen und Investitionen in der Automatisierung und zum Bemühen der Wirtschaft noch mehr Fachkräfte selbst auszubilden. Zum anderen aber zur Verlagerung von zum Beispiel F&E-Tätigkeiten in Länder, die besseren Fachkräftenachwuchs sicherstellen können.

Die Deglobalisierung betrifft vor allem die Branchengeschäfte in Russland und China. Während die Geschäfte mit Russland der meisten Automatisierungstechnikunternehmen auf Grund der klaren Sanktionslage mittlerweile vollständig oder nahezu vollständig beendet wurden, ist die wirtschaftliche Abhängigkeit der Unternehmen von einem florierende China­geschäft so groß, dass wir uns hier auf keinen Fall einfach zurückziehen können, sondern versuchen müssen, unsere Geschäfte langfristig gegenüber geopolitischen Risiken abzusichern (De-Risking). Die geopolitischen Veränderungen in dem Verhältnis zu China stellen mittelfristig die größte Herausforderung für die Automatisierungsindustrie dar. Obwohl das Bemühen um die Erschließung neuer Absatzmärkte – Stichworte Indien und Afrika – überall sichtbar ist, wird das Geschäft in diesen Regionen kurzfristig sicher nicht schnell genug wachsen, um den drohenden Ausfall von Teilen des Chinageschäfts aufzufangen. Eine stärkeres Reshoring oder Nearshoring kann zwar kurzfristig Investitionsimpulse liefern. Langfristig aber wird der Verlust der economy-of-scale deutlich negativere Auswirkungen haben.
Zu diesen vier unterschiedlich zu bewertenden Megatrends gesellen sich jetzt eine Reihe von krisenartigen Herausforderungen und Destabi­lisierungen sowie die Folgen des schnellen Wachstuns der Jahre 2021 und 2022. Die Auftragseingangszahlen für die elektrische Automatisierungstechnik liegen im Vergleich zum Rekordjahr 2022 zwischen 20 Prozent und 40 Prozent niedriger. Die Hoffnung auf wieder anziehende Auftragseingänge noch in diesem Jahr hat die Branche mittlerweile weitestgehend aufgegeben. Noch lebt die Branche von den hohen Auftragsbeständen, die in den Jahren 2021 und 2022 generiert wurden. Voraussichtlich werden diese Polster aber bis spätestens Ende des ersten Quartals 2024 aufgezehrt sein. Dann muss die Branche wieder von dem leben, was aktuell an Aufträgen neu verbucht wird. Dieses Niveau liegt im Moment annähernd 20 Prozent unter dem aktuellen Umsatzniveau – keine guten Aussichten für 2024!

Krisen dauern in der Automatisierungstechnik erfahrungsgemäß aber nicht länger als neun bis zwölf Monate und wir können mit etwas Optimismus davon ausgehen, dass sich Auftragseingänge im Laufe des neuen Jahres erholen werden und die Wachstumsgeschichte der Automatisierungstechnik fortgeschrieben werden kann.

Silke Buttler, Regional Marketing EMEA/SAARC bei Red Lion

Ein wichtiger Trend für 2024 ist die Umwandlung von Betriebsdaten in unternehmerische Aktionen.

Industrielle Daten sind ein zunehmendes wertvolles Kapital, sie rationalisieren Abläufe und verbessern das Kundenangebot, die Anforderungen für benutzerdefinierte Datenintelligenz von der Sensorik bis zur Cloud werden steigen. Zum Beispiel bietet die Anzeige von Daten in Echtzeit eine Optimierung von Betriebsabläufen und nachhaltiges Wirtschaften. Die Unternehmen werden somit profitabler, sie monetarisieren ihre Betriebsdaten, um neue Geschäfte und Aufträge zu erschließen.

Allerdings zieht die Verfügbarkeit von Daten auch unbefugte Neugierige an, und die Zahl von Cyber-Attacken ist hoch und steigt. Damit Unternehmen sich gegen Cyberkriminalität schützen, müssen Sie auf mehrstufige Security Lösungen zurückgreifen, die zum Beispiel Netzwerksegmentierungen, Traffic-Monitoring und viele weitere Features anbieten. Eine einfache Passwortverschlüsselung wird nicht mehr ausreichen, Zero Trust bis in die Fabrikhalle wird das Schlagwort sein.

Zusätzlich werden KI-Strategien mehr in den Fokus der Automation rücken. Der wichtigste Aspekt ist aber weiterhin das nachhaltige Arbeiten mit Ressourcen, egal ob Industriegüter oder die menschliche Komponente. Die betriebliche Sozialkompetenz ist wichtig, denn heutige Unternehmen müssen sich als attraktive Arbeitgeber präsentieren.

Marc Wucherer, Vorstandsvorsitzender Ziehl-Abegg

In einem Satz: Das Jahr 2024 wird herausfordernd! Für unsere Kunden, unsere Lieferanten, für Ziehl-Abegg – für die ganze deutsche Industrie. Die Märkte zeigen schwindende Nachfragen bei noch relativ hohem Auftragsbestand. Hinzukommt, dass viele Unternehmen und deren Kunden hohe Lagerbestände haben. Das wird sich noch durchs Jahr 2024 ziehen. 

Ziehl-Abegg ist ein global produzierendes und lieferndes Unternehmen. Daher tangieren uns geopolitische Konflikte sehr stark. Dennoch blicke ich grundsätzlich positiv gestimmt ins Jahr 2024. Fragile Lieferketten, die Diskussion um unnötige Umweltbelastungen durch lange Transportwege – bei diesen Themen haben wir unsere Hausaufgaben gemacht: Wir erweitern unsere bestehenden Produktionskapazitäten in Deutschland und bauen neue Fabriken in Vietnam, Polen, Indien und den USA. Damit können wir der steigenden Nachfrage nach effizienten Motoren und Ventilatoren gerecht werden und rücken näher an unsere Kunden heran.

Um weiterhin auf hohem Niveau entwickeln und produzieren zu können, brauchen wir die klügsten Köpfe – in Deutschland, in Europa und global. Die Demografie wird den Faktor Mensch weiter verknappen. Daher bauen wir bei Ziehl-Abegg die Förderung des Nachwuchses aus. Wir haben das deutsche Erfolgsmodell der dualen Ausbildung und des dualen Studiums auf unsere Tochterunternehmen, etwa in Ungarn, Spanien oder den USA, übertragen.

Ich wünsche mir, dass die Menschen und besonders die Top-Manager weniger trübselig in die Zukunft blicken und nicht auf unsere Regierung warten. Wir müssen mehr auf unsere eigene Leistungsfähigkeit und -bereitschaft setzen, denn wir sind gut ausgebildet und motiviert. Die Welt soll auf uns blicken, weil wir in schwierigen Zeiten die Ärmel hochkrempeln und nicht weil wir wieder mit „German Angst“ viral gehen.

Kontakt

EKS Engel FOS GmbH & Co. KG

Schützenstrasse 2
57482 Wenden

+49 2762 9313 600
+49 2762 9313 7906

Jumo GmbH & Co. KG

Moritz-Juchheim-Straße 1
36039 Fulda
Deutschland

+49 661 6003 0

Michael Koch GmbH

Zum Grenzgraben 28
76698 Ubstadt-Weiher

+49 72 51 9626 20
+49 72 51 9626 21

Pepperl+Fuchs SE

Lilienthalstrasse 200
68307 Mannheim
Deutschland

+49 621 776 0
+49 621 776 1111

Red Lion Europe GmbH

Winnettener Str. 6
91550 Dinkelsbühl
Deutschland

+49 98 51 58 25 29 0

Ziehl-Abegg SE

Heinz-Ziehl-Straße
74653 Künzelsau

+49 7940 16 328

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