Automatisierung

Herstellung von grünem Wasserstoff

04.04.2025 - Sensorik für die effiziente Fertigung von Bipolarplatten

Wasserstoff ist das leichteste und am häufigsten vorkommende Element im Universum und verfügt über eine hohe Energiedichte. In einem Kilogramm Wasserstoff steckt so viel Energie wie in drei Kilogramm Benzin oder Diesel. Er wird bereits als Kraftstoff für Strahltriebwerke oder Verbrennungsmotoren verwendet. Das Problem dabei: Etwa 95 Prozent der weltweit erzeugten 120 Millionen Tonnen Wasserstoff entstammen aus fossilen Quellen.

Das gängigste Herstellverfahren ist bislang die Dampfreformierung. Hier wird der Wasserstoff aus einem kohlenstoffhaltigen Energieträger – wie Erdgas, Methan oder Leichtbenzin – zusammen mit Wasserdampf unter hohem Druck und hohen Temperaturen mit Hilfe eines Katalysators gewonnen. Das Verfahren gilt als günstig und ertragreich, aber als wenig umweltfreundlich und zukunftsträchtig.


Automatisierter Herstellungsprozesses

Vier alternative, mit regenerativem Strom betriebene Methoden sind bekannt, um CO2-frei aus Wasser sogenannten grünen Wasserstoff zu gewinnen. Neben der bereits 1950 entwickelten AEL sind dies die PEM-, AEM- und SOEC-Elektrolyse (Erklärung siehe Kasten). Die Ziele sind hoch gesteckt – bis 2050 will Europa klimaneutral werden. Hierfür spielt grüner Wasserstoff als Energiespeicher und Brennstoff eine zentrale Rolle. „Eine wichtige Aufgabe ist es, Wasserstoff für industrielle Prozesse im großen Maßstab zu gewinnen“, erklärt Torsten Fuchs, Geschäftsführer von Gefran Deutschland.

Gefran entwickelt Komponenten für die Automation, Steuerung und Sensorik industrieller Prozesse. Neben Anwendungen in der Fertigungsindustrie bietet das Unternehmen auch Lösungen für Prozesse rund um die skalierbare Nutzbarmachung von Wasserstoff. Dafür soll die Fertigung von Elektrolyseuren und Brennstoffzellen günstiger werden und die stellenweise manufakturähnliche Produktion einem automatisierten Herstellungsprozess weichen.


Schlüsselelement: Bipolarplatte

Die Elektrolyse gilt als Dreh- und Angelpunkt bei der Gewinnung von grünem Wasserstoff. Bei ihr wird unter definierten Druck- und Temperaturbedingungen mittels Kathode und Anode Strom durch Wasser geleitet, wodurch Sauerstoff und Wasserstoff aufgespalten wird. Brennstoffzellen, die Wasserstoff in Energie umwandeln, funktionieren nach dem umgekehrten Prinzip. Hier werden Wasserstoff und Sauerstoff zusammengeführt. Wasserstoff fungiert dabei als Brennstoff, Sauerstoff als Oxidationsmittel. Durch die chemische Reaktion der beiden Stoffe miteinander entsteht Strom mit den „Abfallprodukten“ Wasser und Wärme. In beiden Fällen werden hunderte Einzelzellen – Elektrolyse- oder Brennstoffzellen – zu Stapeln, sogenannten Stacks, zusammengeführt, wodurch sie eine höhere Leistung erzielen.

Bipolarplatten bilden das Herzstück der Systeme. An ihren Oberflächen finden in Brennstoffzellen wie in Elektrolyseuren die elektrochemischen Prozesse statt. In sogenannten Stacks liegen die Platten jeweils zwischen den Einzelzellen und verbinden dort die Anode einer Zelle mit der Kathode der gegenüberliegenden Zelle elektrisch leitend. Sie ermöglichen es, den Strom in beide Richtungen zu leiten (bipolar) und damit sowohl positive als auch negative Ladungen zu übertragen. So erhöht sich die Effizienz der Wasserstoffsysteme.

Bipolarplatten werden auf Metallbasis sowie aus Verbundwerkstoff gefertigt. Allen gemeinsam ist, dass ihre Herstellung ein hohes Maß an Präzision erfordert. Denn sie bestehen aus lediglich wenige Zehntel Millimeter dünnen Hälften, die eine Struktur aus Strömungsfeldern, Kühlkanälen und Öffnungen enthalten.

Bei der Produktion metallischer Bipolarplatten wird Edelstahl, Titan oder Aluminium unter hohem Druck und hohen Temperaturen geformt und die Kanalstruktur geprägt. Anschließend werden die einzelnen Platten per Laser geschnitten und die beiden Hälften per Laserschweißen zusammengefügt. Zum Schluss wird die Platte beschichtet, was meist per PVD (physikalische Gasabscheidung) oder CVD (chemische Gasphasenabscheidung) erfolgt. Bipolarplatten aus Verbundwerkstoffen basieren meist auf Thermoplast. Dieses wird im Spritzgussverfahren in Form gebracht, anschließend geschnitten und die Hälften zusammengefügt.


Geringe Toleranzen

„Die Fertigung von Bipolarplatten erlaubt praktisch keine Abweichung“, erläutert Torsten Fuchs von Gefran. „Werden Maße nicht präzise eingehalten, können sich die Fehler gravierend auf die Leistungsfähigkeit der Stacks und damit der Brennstoff- und Elektrolysezellen auswirken.“ Die Präzision in der Plattenfertigung ist entscheidend für die Skalierbarkeit der Wasserstofftechnologien. Gefran bietet dafür Sensoren und Leistungsregler mit IO-Link- und anderen digitalen Schnittstellen.
Das Unternehmen ist erfahrener Partner von Fertigungsindustrien, in denen die Anforderungen an Prozesssicherheit, Präzision und Automation hoch sind. Dazu gehören die Glas-, Metall- und Kunststoffindustrie genauso wie Chemie und Pharma. Auch die Prozesskette für die Herstellung von Bipolarplatten – metallisch wie mit Verbundwerkstoffen – deckt das Unternehmen mit seinen Komponenten der Sensor- und Regulierungstechnik ab.


Passgenaue Stromregelung

Ein bekannter Schwerpunkt im Gefran-Portfolio sind Komponenten für das präzise Regeln thermischer Prozesse. Mit Feldbus-fähigen Leistungsstellern bis zu 600 A, Halbleiterrelais mit und ohne Kühlkörper sowie PIDs unterstützt das Unternehmen Anwender beim Erreichen einer konstanten Produktionsqualität sowie bei der Automation von Steuerungsprozessen. So können die temperaturbestimmten Abläufe des Formens, Zusammenfügens und Beschichtens der Bipolarplatten bedarfsgerecht gesteuert werden. Innerhalb seiner GRx-Familie von Leistungsreglern für das Heizmanagement bietet Gefran mit dem GRP-H ein Halbleiterrelais für Stromstärken bis 120 A, dessen Steuerungsfunktionen vollständig konfigurierbar sind und sich damit auf die jeweiligen Anforderungen anpassen lassen.

Das Halbleiterrelais GRP-H ist für lineare und nicht-lineare ohmsche Widerstände konzipiert und verfügt über mehrere Betriebsarten. Die Schaltung kann per Nulldurchgang oder Phasenanschnitt erfolgen. Mit der Soft-Start-Funktion lässt sich der Einschaltstrom begrenzen. Hochentwickelte Diagnosetools ermöglichen eine Früherkennung von Teillastunterbrechungen. So erkennt die Lastüberwachung den Ausfall einer einzelnen von bis zu acht parallel gesteuerten Teillasten. Über das IO-Link-Protokoll übermittelt der GRP-H Daten wie die Betriebsstunden, Strom- und Temperaturspitzen an die Leitungsebene. Damit ermöglicht er eine umfassende Predictive Maintenance, die ein hohes Maß an Ausfall- und damit Prozesssicherheit gewährleistet.


Überwachung von Drücken bei hohen Temperaturen

Beim Formen, Fügen und Beschichten müssen Drücke überwacht werden. Speziell das Biegen des Metalls und das Anlegen der Kanalstruktur gelten als neuralgische Punkte in der Fertigung von Bipolarplatten, die nur geringe Toleranzen zulassen. Mit seiner Reihe ILI ermöglicht es Gefran, den Massedruck in der Kunststoffverarbeitung zu überwachen. Die piezoresistiven Druckmessumformer wurden speziell für den Einsatz in Hochtemperaturanwendungen bis 350 °C entwickelt. In der Version Impact kommen sie ohne Übertragungsflüssigkeit aus. Die Messung erfolgt über ein Sensorelement aus Silizium, das mit Hilfe der mechanischen Mikrobearbeitung gefertigt wird. Ausgestattet mit IO-Link stellt der Sensor neben dem Massedruck auch die Temperatur als Prozessparameter bereit und kann die jeweiligen Maximalwerte speichern.

Für die Aufnahme des Hydraulikdrucks beim Formen und Fügen der Bipolarplatten sowie bei deren Zusammenfügen zum Stack bietet Gefran seinen Druckmessumformer KS-I an. Er deckt den Messbereich von 4 bis 1.000 bar ab. Der KS-I erzielt mit 1 ms eine besonders kurze Zykluszeit und stellt damit seine Messgrößen, die neben dem Druck auch hier die Temperatur umfassen, via IO-Link nahezu in Echtzeit zur Verfügung.


Positionsüberwachung regelt genauen Zuschnitt

Das präzise Positionieren ist im Zuschnitt der Platten sowie in der Erstellung der Stacks ein Aspekt, der nicht nur für die Qualität, sondern für die leistungsfähige Funktionsweise der Bipolarplatten relevant ist. Verlässliche Wegaufnehmer, die Industrie-4.0-ready sind, gehören ebenso zu Gefrans Portfolio. So hat der Hersteller mit seinem patentierten dreidimensionalen Messsystem Twiist die Funktion der Sensoren erweitert. Basierend auf dem Hall-Effekt misst der Wegaufnehmer neben der Position auch Prozessgrößen wie Neigung, Drehung, Beschleunigung und Vibration. Weisen Abläufe Unregelmäßigkeiten auf, setzen die Twiist-Sensoren die gesammelten Informationen in Relation zueinander. Die Messgrößen werden also nicht nur erfasst, sondern auch gefiltert und nachfolgenden Systemen zur Verfügung gestellt.


„Alternativlos“

In ihrer Nationalen Wasserstoffstrategie hat die Bundesregierung das Ziel von 10 Gigawatt jährlicher Elektrolyse-Kapazität bis zum Jahr 2030 vorgegeben. Dies wird voraussichtlich etwa 50 Prozent des Bedarfs decken, der Rest wird importiert. Doch selbst 10 Gigawatt scheinen aktuell in weiter Ferne. Laut Wasserstoffbilanz eines großen Energiekonzerns waren 2023 Elektrolyseure mit einer Leistung von 62 Megawatt in Betrieb. Bis 2030 soll sich die Gesamtleistung Planungen zufolge auf 8,7 Gigawatt erhöhen.

„Der Umstieg auf grünen Wasserstoff ist alternativlos“, betont Torsten Fuchs. Die Effizienzsteigerung und Kostensenkung der Prozesse ist daher Teil zahlreicher Projekte, an denen Forschung und Industrie intensiv arbeiten. „Mit unserem Know-how in Sensoren, Regelungstechnik und Automation leisten wir dafür unseren Beitrag.“

Autor
Ralph Rohmann, Technischer Direktor

Kontakt

Gefran Deutschland GmbH

Philipp-Reis-Str. 9 a
63500 Seligenstadt
Deutschland

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